Im Dezember hatte MSD Sharp & Dohme die doppelte EU-Zulassung für Doravirin erhalten – als Mono- und als Kombinationspräparat mit anderen antiretroviralen Arzneistoffen. Ein Steckbrief zum Wirkstoff, der Efavirenz überlegen ist.
Arzneimittel: Doravirin (DOR) ist als Monopräparat Pifeltro zu 100 mg erhältlich sowie unter dem Namen Delstrigo in Kombination mit Lamivudin (3TC, 300 mg) und Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF, 245 mg) zugelassen. Beide Arzneimittel sind ab sofort verfügbar, die Großhändler werden voraussichtlich bis Ende dieser Woche beliefert sein. Eine Bestellung ist außerdem über den Webshop möglich.
Indikation: DOR wird in Kombination mit anderen antiretroviralen Wirkstoffen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit HIV-1-Infektionen angewendet.
Dosierung: Die Tabletten – sowohl Pifeltro als auch das Single-Tablet-Regime (STR) – werden einmal täglich mit oder ohne eine Mahlzeit als Ganzes geschluckt. Wurde eine Einnahme vergessen, kann diese innerhalb von zwölf Stunden nachgeholt werden. Wird das Aussetzen der Dosis erst nach einem Zeitraum von mehr zwölf Stunden bemerkt, sollte der Patient die Einnahme nicht nachholen und mit der nächsten planmäßigen Einnahme fortfahren. Es sollten keine zwei Gaben gleichzeitig erfolgen.
Pharmakokinetik: DOR gehört zu den nicht-nukleoidischen Reverse-Transkriptase-Hemmern (NNRTI) und ist somit ein nicht-kompetitiver Hemmer der reversen Transkriptase. Anders als beim „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ der Nukleosidischen-Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) verändern die NNRTI die Bindungsstelle so, dass die katalytische Funktion der reversen Transkriptase unterbunden wird und sich das Virus nicht vermehren kann. Das Überschreiben der viralen RNA in DNA bleibt also aus.
Wechselwirkungen: Das NNRTI wird hauptsächlich über CYP3A4 verstoffwechselt. Induktoren des Cytochroms können somit die Plasmakonzentrationen von DOR senken und somit die Wirksamkeit herabsetzen. Beispiele sind: Carbamazepin, Johanniskraut, Rifampicin und Phenytoin. Von einer gleichzeitigen Gabe mit DOR ist abzusehen. Werden moderate CYP3A4-Induktoren wie Modafinil oder Bosentan kombiniert, wird eine Dosisanpassung von DOR auf zweimal täglich 100 mg empfohlen. Wird Doravirin jedoch mit CP3A4-Inhibitoren kombiniert, kann sich die Plasmakonzentration des NNRTI erhöhen. In diesem Fall ist keine Dosisanpassung nötig. Auf der anderen Seite kann DOR Auswirkungen auf andere Arzneistoffe haben.
DOR geht mit Protonenpumpenhemmern keine Wechselwirkung ein und kann sowohl mit Omperazol als auch Pantoprazol kombiniert werden. Auch in Kombination mit Metformin, Lisinopril, Antazida, Ketokonazol, Fluconazol sowie der Kombination Ledipasvir/Sofosbuvir (Harvoni), Methadon, Buprenorphin/Naloxon, Atorvastatin und Simvastatin ist keine Dosisanpassung von DOR erforderlich.
Nebenwirkungen: Am häufigsten wurde über Übelkeit, Diarrhö, Schläfrigkeit und Kopfschmerzen berichtet.
Studien: Wirksamkeit und Sicherheit wurden in der Studie „Drive-Forward“ belegt und die Ergebnisse im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht. Die Studie mit 766 zuvor unbehandelten Probanden verglich den neuen NNRTI (385 Teilnehmer) mit durch Ritonavir zu 100 mg geboostertem Darunavir zu 800 mg (384 Teilnehmer). Komplettiert wurde die antiretrovirale Therapie (ART) mit der Kombination Tenofovir/Emtricitabin oder Abacavir/Lamivudin. In Woche 48 erreichten 321 Probanden (84 Prozent) der DOR-Gruppe und 306 (80 Prozent) der Darunavir-Gruppe eine Plasma-HIV-1-RNA von weniger als 50 Kopien. Somit ist DOR Darunavir in puncto Wirksamkeit nicht unterlegen. Auch in Bezug auf die unerwünschten Arzneimittelwirkungen ergaben sich kaum Unterschiede.
Studien zeigen, dass DOR bekannten Vertretern der Substanzklasse wie Efavirenz (EFV) überlegen ist. Die Studie Drive-Ahead verglich beide NNRTI. Die therapienaiven 728 Probanden wurden 1:1 randomisiert und erhielten entweder die Fixkombination aus DOR 100 mg, 3TC 300 mg und TDF 300 mg oder EFV 600 mg, Emtricitabin 200 mg und TDF 300 mg über einen Zeitraum von 96 Wochen. In Woche 48 erreichten etwa 84 Prozent der DOR-Gruppe weniger als 50 HIV-1-RNA-Kopien, in der Vergleichsgruppe um EFV waren es etwa 81 Prozent. Zudem zeigten sich weniger neuropsychiatrische Nebenwirkungen wie beispielsweise Schwindel, Depressionen oder Schlafstörungen und für DOR ein günstigeres Lipidprofil.
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