Jeder dritte Wirkstoff, den Ärzte Kindern und Jugendlichen verordnen, ist nicht für diese Altersgruppe zugelassen. Bei Neugeborenen ist sogar nur jeder fünfte verschriebene Arzneistoff für die Anwendung „geeignet“. Dies geht aus einer gemeinsamen Studie des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen und dem Klinikum Bremen-Mitte hervor. Die Forscher hatten anhand von Verordnungsdaten untersucht, wie oft kleine Patienten im Alter bis zu 16 Jahren im ambulanten Bereich „off-label“ versorgt werden.
Der Analyse zufolge werden Kinder und Jugendliche überwiegend mit für sie zugelassenen Arzneimitteln behandelt. Deutliche Defizite gibt es den Autoren zufolge jedoch bis zum Kleinkindalter: Während bei den 12- bis 16-Jährigen 70 Prozent der Wirkstoffe zugelassen waren, lag die Zahl bei Säuglingen nur bei knapp 40 Prozent.
Den höchsten Anteil an für die jeweilige Altersklasse nicht zugelassenen Arzneimittelverordnungen hatte die Indikationsgruppe „alimentäres System/Stoffwechsel“: So waren 28 Prozent der Antazida, 20 Prozent der oralen Antidiabetika und 16 Prozent der Ulkustherapeutika nicht für die Anwendung geeignet. Obwohl nur Omeprazol zur Behandlung von Kindern unter einem Jahr zugelassen ist, wurden alle verfügbaren Protonenpumpen-Inhibitoren verschrieben.
Die Auswertungen basieren auf Arzneiverordnungsdaten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) des Jahres 2002. Nach Angaben der Autoren hat es in den vergangenen Jahren nur wenige pädiatrische Zulassungserweiterungen gegeben.
Die Forscher bemängelten die Qualität der Fachinformationen zur Anwendung der Medikamente bei Kindern: Bei jedem fünften Arzneimittel sei der Zulassungsstatus aufgrund unzureichender Angaben überhaupt nicht feststellbar gewesen.
Nach Ansicht der Forscher könnten Erhebungen über Off-label-Verordnungen künftig an Bedeutung gewinnen. Denn inzwischen müssen in der EU für die Neuzulassung von Arzneimitteln Daten aus klinischen Studien mit Kindern vorgelegt werden, wenn therapeutischer Bedarf für eine pädiatrische Altersgruppe zu erwarten ist. Wie rasch diese Regelung allerdings die Arzneimittelsituation für Kinder verbessern werde, bleibe abzuwarten.
APOTHEKE ADHOC Debatte