Schließen Krankenkassen mit nur einem Anbieter Rabattverträge, könnnen Lieferschwierigkeiten rasch zum Problem werden. Das ist jetzt bei Berlin-Chemie und seinem Schmerz- und Fiebermittel Berlosin (Metamizol) der Fall. Der Rabattpartner der Techniker Krankenkasse (TK) kann die nachfragestärkste 50er-Packung momentan nicht zur Verfügung stellen. Metamizol ist der am vierthäufigsten auf Kassenrezept verordnete Wirkstoff überhaupt.
Berlin-Chemie macht für die Probleme einen Zulieferer verantwortlich: „Wir haben Probleme beim Wirkstofflieferanten“, bestätigt ein Sprecher. „Seit letzter Woche sind wir bei Berlosin in der 50er-Packungen defekt.“ Bislang bestünden die Probleme nur bei der Großpackung. Einheiten mit 10, 20 und 30 Tabletten seien dagegen verfügbar. Der Defekt sei der TK gemeldet.
Bis Ende Juli werde die 50er-Packung voraussichtlich nicht lieferbar sein, so der Sprecher. „Die Apotheker erhalten von uns problemlos eine Lieferunfähigkeitsbescheinigung.“ Damit sollte es keine Retax-Probleme bei der Abgabe eines Ersatzarzneimittels geben.
Substituiert werden kann Berlosin durch Metamizol von AbZ und CT sowie Novaminsulfon Ratiopharm, Metamizol Hexal und Novaminsulfon 1A Pharma, sowie Novaminsulfon Lichtenstein und Novalgin (beide Zentiva) und Analgin (Medphano).
Erst vor einem Jahr konnte die Sanofi-Tochter Zentiva Novaminsulfon Lichtenstein wochenlang nicht liefern. Betroffen waren damals die Tropfen in drei Packungsgrößen. Grund waren Engpässe bei der Produktion eines Lohnherstellers. Ende August gab es zumindest bei der Großpackung wieder Nachschub.
Laut Arzneiverordnungsreport wurde Metamizol 2014 mehr als 19 Millionen Mal verschrieben; seit Jahren legen die Zahlen kontinuierlich zu: Wurden 2005 noch 67 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) verordnet, waren es 2014 rund 175 Millionen. Ein Grund könnte – den bekannten Risiken der Agranulozytosen und Schockreaktionen zum Trotz – die Erstattungsfähigkeit sein.Die Ausgaben der Kassen lagen bei 242 Millionen Euro, Rabatte nicht berücksichtigt.
Unter allen Metamizol-Anbietern hält Winthrop einen Anteil von 80 Prozent. Dahinter folgen Hexal/1A mit 11 und die Ratiopharm-Gruppe mit 9 Prozent. Berlosin ist mit 0,2 Prozent von untergeordneter Bedeutung.
Die bekanntesten Ausfälle von Rabattpartnern gab es 2011: Für Schlagzeilen sorgte damals Betapharm mit seinem Metoprolol-Succinat. Im Juni 2011 hatte der Augsburger Hersteller eine Rabattvertrag mit der AOK gewonnen. Weil das Präparat für die Ausschreibung eigens ins Sortiment genommen wurde, war es monatelang aber nicht verfügbar. Erst ab Mitte September konnte Betapharm das Arzneimittel an die Apotheken ausliefern.
Trotzdem wurden damals allein im Juni rund 30.000 Rezepte mit dem Präparat bedruckt. Den Apotheken drohten deshalb von der AOK Strafzahlungen und in besonders schweren Fällen sogar der Staatsanwalt. Später wurde der Vertrag gekündigt.
Probleme gab es damals auch mit dem AOK-Rabattpartner für den Wirkstoff Metformin. Seit Juni 2011 sollte die Firma Dexcel liefern. Doch wegen der kurzfristigen Zuschlagsvergabe hatte der Hersteller aus dem hessischen Alzenau in den ersten Monaten Probleme. Davon profitierte damals der ehemalige AOK-Rabattpartner, die Firma Axicorp aus Friedrichsdorf: Weil viele Patienten nicht umgestellt wurden, blieben die Absätze hoch, obwohl die Rabatte an die Kasse weggefallen waren. Später löste die Kasse auch diesen Vertrag auf.
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