Festbeträge

Das Sterben der Altoriginale

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Berlin -

Es gibt sie in jeder Apotheke: Kassenpatienten, die sich dank Aut-idem-Verordnung ihres Arztes den Zugang zu ihren seit Jahren bewährten Medikamenten gesichert haben. Auf diese Weise blieb den Erstanbietern nach Patentablauf wenigstens ein Restgeschäft im GKV-Bereich. Doch mit der Anpassung der Festbeträge Anfang Juli haben die Kassen nicht nur die Preise in zahlreichen Produktgruppen massiv gedrückt, sondern sich auch mehrerer Altoriginale entledigt. Zwei Wirkstoffe drohen komplett vom Markt zu verschwinden.

Besonders deutlich ist die Entwicklung bei den Sartanen. Regelrecht „geschlachtet“ wurde Olmesartan: Für Votum und Olmetec müssen Patienten für die jeweils größte Packung in höchster Dosierung 81,17 Euro aufzahlen. Die Hersteller Berlin Chemie und Daiichi Sankyo hatten ihre Preise nicht auf Festbetragsniveau gesenkt.

Entsprechend brachen die Absätze nach Zahlen von IMS Health im Juli im Vergleich zum Vormonat um 68 Prozent ein: Statt 85.000 Packungen wurden nur noch 27.000 Packungen von den Apotheken bestellt. Die Originalhersteller verloren sogar 71 beziehungsweise 76 Prozent; lediglich einige Reimporteure konnten ihren Absatz halten.

Ähnlich sieht es bei der Kombination Olmesartan/HCT aus: Votum Plus und Olmetec Plus verloren 75 beziehungsweise 80 Prozent. Die Aufzahlung für diese Präparate liegt bei bis zu 73,52 Euro.

Da es derzeit keine Generika gibt, werden die Patienten – meist nach längerer Diskussion in der Apotheke – von ihrem Arzt auf andere Wirkstoffe umgestellt. Im Juli wurden beispielsweise knapp 130.000 mehr Candesartan-Packungen abgegeben als im Juni, bei Valsartan waren es es fast 80.000 Einheiten mehr. Das entspricht einem Plus von 37 beziehungsweise 30 Prozent.

Ähnlich ist der Anstieg bei den Kombinationspräparaten: Candesartan/HCT und Valsartan/HCT wuchsen um jeweils rund 34 Prozent. Das sind 56.000 beziehungsweise 64.000 Packungen mehr. Auch Eprosartan, Telmisartan, Irbesartan und Losartan sowie die jeweiligen Kombinationen mit HCT legten zu.

Auffällig ist, dass der Markt – trotz des Kahlschlags bei einigen Wirkstoffen – insgesamt stark zugelegt hat. Das könnte mit dem Quartalswechsel zu tun haben, aber auch mit der Umstellung und damit verbunden der vermehrten Verordnung von Kleinpackungen. Insgesamt wurden im Juli bei den Sartanen knapp 350.000 Packungen mehr verordnet als im Juni, das entspricht einem Plus von 22 Prozent.

Bei den Sartanen, die bereits generisch gewesen sind, hat das Altoriginal durch die Festbetragsanpassung und die entstandenen Mehrkosten für die Patienten dramatisch an Absatz verloren. Am teuersten sind Atacand und Blopress (Candesartan) mit einer Aufzahlung von bis zu 86,68 Euro, am „preiswertesten“ sind Coaprovel und Karvezide mit bis zu 57,80 Euro.

Nicht viele Patienten sind bereit, diese Summe zu zahlen. So brach im Juli der Absatz bei den Candesartan-Präparaten von AstraZeneca und Takeda um rund 29 Prozent ein. Entsprechend gut stehen die Generikahersteller da, für deren Präparate die Patienten nicht extra zahlen müssen: Heumann steigerte seinen Absatz im Juli um 60 Prozent und hat inzwischen einen Marktanteil von 23 Prozent, TAD verkaufte 50 Prozent mehr Packungen und hat einen Marktanteil von 18 Prozent und Mylan steigerte sich sogar um 70 Prozent und hat nun einen Marktanteil von 13 Prozent.

Bei den Kombinationen von Candesartan und HCT sieht es ähnlich aus: 79,49 Euro müssen Patienten für die Altoriginale Atacand Plus und Blopress Plus aufzahlen. Der Absatz brach im Juli um 33 beziehungsweise 35 Prozent ein. Davon profitieren besonders die bisherigen Marktführer TAD und AbZ. Stada, Hexal, Ratiopharm und CT konnten Blopress Plus im Juli nach Absatz überholen, Atacand Plus hat sich immerhin noch auf Platz 3 gehalten.

Bei den übrigen Sartanen ist die Sachlage ähnlich: Während die Wirkstoffe insgesamt zulegen, verlieren die Originatoren wegen hoher Aufzahlungen Marktanteile. Die Generikahersteller profitieren – zumindest bei den Packungszahlen. Denn wegen der neuen Preise spiegelt sich die Entwicklung nicht beim Umsatz wider.

Ein weiteres Problem: Wenn der Absatz innerhalb eines Monats um 830 Prozent (Irbesartan/HCT Stada), 2650 Prozent (Valsartan HCT Aurobindo) oder sogar 4700 Prozent (Telmisartan Hexal comp.) explodiert, drohen schnell Lieferprobleme.

Eine Ausnahme ist Eprosartan: Nicht nur für das Original Teveten von Abbott fallen Mehrkosten an, sondern auch für die generischen Präparate. Im Juli konnten sich die Hersteller noch behaupten: Ratiopharm, Aristo und CT konnten ein Plus von 40, 32 beziehungsweise 19 Prozent erzielen; nur der Absatz von Abbott ging um 32 Prozent zurück.

Doch die Patienten werden nun schrittweise umgestellt – die Hersteller sehen derzeit nach eigenen Angaben Umsatzrückgänge von bis zu 70 Prozent. Ab September könnte es noch dramatischer werden, denn dann fallen auch Rabattvereinbarungen weg: Wegen des niedrigen Preises wurde der Vertrag von Aristo mit der AOK gekündigt. Ohne Vertrag müssen die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages aber nicht mehr ausgeglichen werden.

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