Darmbakterien steuern Tumorwachstum APOTHEKE ADHOC, 31.05.2018 12:29 Uhr
Das Darmmikrobiom ist in den letzten Jahren stärker in den Fokus der Wissenschaft gerückt. US-Forscher vom Krebsforschungszentrum (CCR) am National Cancer Institute (NCI) haben nun eine Verbindung zwischen Darmbakterien und Antitumor-Immunantworten in der Leber gefunden. Die Studie wurde im Fachjournal „Science“ veröffentlicht.
Das Mikrobiom ist eine Gemeinschaft von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die im oder am Körper leben. Beim Menschen ist der größte Teil im Darm lokalisiert. Trotz umfangreicher Forschung über die Beziehung zwischen dem Mikrobiom und Krebs ist die Rolle von Darmbakterien bei der Bildung von Leberkrebs noch unzureichend verstanden. Die aktuelle Untersuchung zeigt nun, dass im Darm von Mäusen vorkommende Bakterien die Antitumor-Immunfunktion der Leber beeinflussen.
Um zu untersuchen, ob Darmbakterien die Entwicklung von Tumoren in der Leber beeinflussen, führte die Wissenschaftler um Dr. Tim Greten tierexperimentelle Studien durch. Dazu wurden den Labortieren eine Kombination aus Vancomycin, Neomycin und Primaxin appliziert. „Anhand verschiedener Tumormodelle haben wir herausgefunden, dass man mit Antibiotika behandelte Mäuse die Zusammensetzung der Immunzellen der Leber verändern kann, was das Tumorwachstum in der Leber beeinflusst“, sagte Studienleiter Greten vom CCR. Die Labormäuse, die mit dem Antibiotikum-Cocktail behandelten wurden, hatten weniger weniger und kleinere Lebertumoren entwickelt als die Tiere der Kontrollgruppe. Zudem hatten sich auch die Zahl Metastasen in der Leber reduziert.
Die Forscher untersuchten zunächst die Immunzellen in der Leber, um zu verstehen, wie die Reduktion von Darmbakterien das Tumorwachstum in der Leber der mit Antibiotika behandelten Mäuse unterdrückte. Die Antibiotikatherapie erhöhte die Zahl von natürlichen Killer-T-Zellen (NKT) in den Lebern der Mäuse. Weitere Experimente zeigten, dass die Verringerung des Lebertumorwachstums, die aus der antibiotischen Behandlung resultierte, von diesen NKT-Zellen abhängig war.
Des Weiteren beobachteten die Wissenschaftler, dass die Akkumulation der NKT-Zellen in der Leber eine Folge der erhöhten Expression des Proteins CXCL16 war. Das Eiweißmolekül ist im Inneren von Leberkapillaren zu finden. „Wir haben uns gefragt: Warum haben Mäuse, die mit Antibiotika behandelt wurden, mehr CXCL16-Produktion in diesen Endothelzellen?“, so Greten. Die Arbeitsgruppe fand heraus, dass Gallensäuren die Expression von CXCL16 kontrollieren können.
Weitere Studien konnten zeigen, dass mit Gallensäuren behandelte Mäuse eine veränderte Anzahl der NKT-Zellen in der Leber und damit auch der Tumoren in der Leber aufweisen. Die Forscher fanden heraus, dass die Bakterienart Clostridium scindens den Metabolismus von Gallensäuren im Darm, die CXCL16-Expression, die Akkumulation von NKT-Zellen und das Tumorwachstum in der Leber steuert. Sie fassen zusammen: Primäre Gallensäuren erhöhten die CXCL16-Expression, während sekundäre Gallensäuren den gegenteiligen Effekt zeigten. Den Studienautoren zufolge ist der Zusammenhang zwischen Darmbakterien und Immunantwort in dieser Studie signifikant, da nicht nur eine Korrelation, sondern einen vollständigen Mechanismus für die Beeinflussung der Immunantwort in der Leber identifiziert wurde.
Die Leber ist Darmmetaboliten durch Blut aus dem Darm ausgesetzt. Veränderungen im Darmmikrobiom können die Funktion der Immunzellen in der Leber beeinflussen, und symbiotische Bakterien können die Umwandlung von primären in sekundäre Gallensäuren vermitteln, die durch den enterohepatischen Kreislauf zurück in die Leber zirkulieren. Es ist bekannt ist, dass Gallensäuren an der Entwicklung von Leberkrebs beteiligt sind. Die Entdeckung, dass das Darmmikrobiom Gallensäuren verwendet, um die Immunität gegen Leberkrebs zu formen, könnte künftig therapeutische Anwendung finden.