Rezeptpflichtige Schlafmittel werden in der Apotheke häufiger abgegeben als die freiverkäuflichen Alternativen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat nun erstmals die Zulassung eines Vertreters der Orexin-Antagonisten empfohlen: Mit Daridorexant könnte künftig ein neuartiges Hypnotikum auf den Markt kommen.
Schlafstörungen haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Rund ein Drittel der Deutschen leidet mindestens dreimal pro Woche an Schlafproblemen, knapp 10 Prozent besitzen behandlungsbedürftige Insomnien mit einer Chronifizierungsneigung – Tendenz steigend. Als Ursache für die Schlafstörungen kristallisieren sich meist persönliche Probleme und seltener organische Gründe heraus.
Mit Daridorexant könnte bald eine Alternative zu den bisherigen Z-Substanzen auf den Markt kommen. Das neuartige Schlafmittel hemmt im Gehirn die Wirkung von Orexin. Das Hormon besitzt eine Schlüsselrolle bei der Steuerung des Schlaf-Wach-Verhaltens: Über Tag steigen die Spiegel durch eine vermehrte Produktion, nachts fällt die Orexin-Konzentration ab. Es wird daher häufig auch als „Wachhormon“ bezeichnet. Eine Blockade der Orexin-Rezeptoren führt daher zu einer Förderung des Schlafs.
Das Neuropeptid wurde erstmals in den 90er Jahren entdeckt. Aufgrund seines Bildungsortes im Hypothalamus wird es oft auch als Hypocretin bezeichnet. Mittlerweile wird zwischen den Formen Orexin A und B unterschieden. Da es neben der Vigilanz auch den Energiehaushalt steuert, verfügt es zudem über appetitsteigernde Effekte und kann daher auch bei Essstörungen zum Einsatz kommen. Dabei wirkt Orexin ähnlich auf den Blutzuckerspiegel wie Inkretine.
In den USA ist mit Suvorexant bereits seit 2014 der erste Vertreter dieser Wirkstoffgruppe zugelassen. 2019 folgte Lemborexant, zu Beginn dieses Jahres kam schließlich auch Daridorexant auf den Markt. Daridorexant soll bei Patient:innen zum Einsatz kommen, die seit mindestens drei Monaten unter Schlafstörungen leiden und deren Funktionsfähigkeit tagsüber dadurch erheblich beeinträchtigt ist.
Die bislang häufig verordneten Z-Substanzen Zolpidem und Zopiclon führen bei längerem Gebrauch häufig zu Problemen: Allein in Deutschland sind zwischen ein und zwei Millionen Menschen abhängig von Schlafmitteln. Nach bisherigen Erkenntnissen soll das Abhängigkeitspotenzial bei Daridorexant geringer sein. Die langfristige Sicherheit soll jedoch in einer Anschlussstudie weiter untersucht werden. Ein weiterer Vorteil des neuartigen Schlafmittels soll das Ausbleiben des Hangover-Effekts sein.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Daridorexant zählen Kopfschmerzen und Nasopharyngitis. Dabei haben die Nebenwirkungen in der Zulassungsstudie nicht dosisabhängig zugenommen. Ein plötzliches Absetzen führte nicht zu Entzugserscheinungen oder Rebound-Effekten.
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