Harnwegsinfekte gehören zu den alltäglichen Beratungsthemen in der Offizin. Dabei stehen verschiedene Therapieoptionen in der Selbstmedikation zur Verfügung. Eine davon ist der Zucker D-Mannose. Allerdings gerät die Evidenz aktuell aufgrund eines Cochrane Reviews ins Wanken.
Kommen Patient:innen mit typischen Beschwerden einer Harnwegsinfektion in de Apotheke, gilt es zunächst einmal abzuklären, ob diese im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden kann. Leiden die Betroffenen unter Fieber oder befindet sich Blut im Urin, sollte in jedem Fall der Gang zum Arzt/zur Ärztin erfolgen. Meist ist dann eine Antibiose notwendig, um die Erreger in den Griff zu bekommen. Auch Schwangere sollten die Infektion nicht selbst behandeln.
Leichtere Verläufe können in der Regel gut im Rahmen der Selbstmedikation therapiert werden. Neben verschiedenen pflanzlichen Optionen ist in den vergangenen Jahren vor allem D-Mannose in den Fokus gerückt: 2017 wurde der Zucker in die Empfehlungen aufgenommen. Die Wirksamkeit wurde im Vergleich zu Nitrofurantoin bestätigt. Mannose konnte eine dem Antibiotikum gleichwertige Wirkung erzielen – mit signifikant weniger Nebenwirkungen.
D-Mannose wird unverändert aus dem Körper wieder ausgeschieden und nicht resorbiert. Der Zucker soll die Bakterien ummanteln und somit verhindern, dass sich diese in den Schleimhäuten anheften können. Mit dem Urin werden dann D-Mannose und eingeschlossene Bakterien ausgespült. Mannose wird daher auch bei häufig rezidivierender Cystitis oft empfohlen.
Doch ein aktuelles Cochrane-Review zeigt nun ein anderes Bild: Die Arbeitsgruppe analysierte Studien, in denen die Wirkung von D-Mannose zur Vorbeugung oder Behandlung von Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen und Kindern ermittelt wurde. Insgesamt wurden sieben randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt gut 700 Teilnehmer:innen eingeschlossen. Die Proband:innen litten unter akuter Cystitis oder wiederkehrenden Harnwegsinfekten.
Wie die Forscher:innen berichten, konnten die einzelnen Studien keine eindeutigen Belege für die Wirkung liefern. Das Ergebnis: „Es gibt nicht genügend Beweise, um zu ermitteln, ob D-Mannose akute oder wiederkehrende Harnwegsinfektionen verhindert oder behandelt.“ Eine Metaanalyse sei aufgrund der verschiedenen Studiendesigns in Bezug auf Dosis und Behandlungen nicht möglich. Die Qualität der Nachweise sei insgesamt schlecht und unterstreiche den „gravierenden Mangel“ an qualitativ hochwertigen Studien. „Derzeit gibt es wenig bis gar keine Beweise, die die Verwendung von D-Mannose zur Vorbeugung oder Behandlung von Harnwegsinfektionen in allen Bevölkerungsgruppen unterstützen oder widerlegen.“ Für eine eindeutige Belegbarkeit seien künftig Studien notwendig, in denen D-Mannose gegen Placebo getestet wird, so das Team.
Meist stellen Bakterien die Ursache für eine Cystitis dar: Für unkomplizierte Infekte ist meist Escherichia coli verantwortlich. Enterokokken, Staphylokokken und Pseudomonas lösen meist kompliziertere Harnwegsentzündungen aus. Zudem erhöhen einige Faktoren das Risiko, eine Cystitis zu entwickeln: Dazu zählen beispielsweise Diabetes, eine übertriebene Intimhygiene, bestimmte Arzneimittel, Östrogenmangel in den Wechseljahren oder Katheterisierung. Ein weiterer Risikofaktor ist Geschlechtsverkehr – oft ist die Rede von der sogenannten „Honeymoon Cystitis“. Vor allem bei der Verwendung von Diaphragmen oder Spermiziden kann sie verstärkt auftreten. Vorbeugend kann es helfen, nach dem Geschlechtsverkehr zur Toilette zu gehen, um Bakterien aus der Harnröhre zu spülen.
Jede zweite Frau erkrankt im Laufe des Lebens mindestens einmal an einer Blasenentzündung, bei jeder vierten Betroffenen ist der Infekt sogar rezidiv. Meist ist eine Cystitis leicht zu erkennen – die Beschwerden sind sehr typisch: Es kommt zu Brennen beim Wasserlassen und ständigem Harndrang – meist werden unter Schmerzen jedoch nur geringste Mengen Urin ausgeschieden. Oft werden die Beschwerden von krampfartigen Schmerzen im Bauch- oder Rückenbereich begleitet. Der Urin ist oft trüb, manchmal weist er auch einen unangenehmen Geruch auf. Im schlimmsten Fall ist der Urin blutig, bei schweren Infekten kommt häufig auch Fieber hinzu.
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