Zerstörerische Kristalle Dr. Kerstin Neumann, 03.03.2016 12:58 Uhr
Bei Grünen-Politiker Volker Beck wurde Crystal Meth gefunden. Die Droge ist beliebt, weil sie billig und einfach herzustellen ist und eine enorme stimulierende Wirkung entfaltet. Die Gefahren werden stark unterschätzt: Crystal Meth gilt als die gefährlichste Partydroge, die es derzeit gibt. Das Rauschgift macht extrem schnell süchtig und ist in Deutschland nicht verkehrsfähig.
Was ist Crystal Meth? Crystal Meth ist die Kurzform für kristallines Metamphetamin. Das Stimulans ist in die Gruppe der indirekt wirkenden Sympathomimetika einzuordnen. Leitsubstanz ist Ephedrin. Durch die Eliminierung der Hydroxylgruppe wird die Lipophilie deutlich erhöht – die Substanz wirkt daher vor allem zentral, zeigt aber auch periphere Effekte. Metamphetamin unterscheidet sich vom Amphetamin durch eine zusätzliche Methylgruppe am Stickstoff. Das macht es etwa fünfmal stärker wirksam als Amphetamin selbst. Es kann problemlos in Wasser oder Alkohol gelöst werden und ist daher in vielen Formen anwendbar.
Wie wirkt Crystal Meth? Durch die sehr starke Wirkung auf das zentrale Nervensystem kann eine „normale“ Speed-Line kann bei Crystal bereits eine gefährliche Überdosierung bedeuten. Die Substanz bewirkt sowohl eine vermehrte Ausschüttung als auch eine Wiederaufnahmehemmung von Neurotransmittern im synaptischen Spalt. Die Effekte sind massiv: Konzentrations- und Leistungsfähigkeit steigen, Ermüdungsgefühle werden ausgeschaltet, das Hungergefühl wird ausgeschaltet. Energie wird dem Körper dabei allerdings nicht zugeführt. Durch die dauerhafte Erregung des vegetativen Nervensystems kommt es nach Absetzen der Droge daher in der Regel zu starken Erschöpfungszuständen – und dem Drang, die Droge weiter einzunehmen. Je nach Aufnahmeweg tritt die Wirkung innerhalb weniger Sekunden ein.
Wie wird es angewendet? Crystal Meth ist meist in kristalliner Form oder in Pulverform erhältlich, manchmal auch in Form von Kapseln. Die Kristalle erinnern an Eiskristalle oder Glassplitter – daher kommt die Bezeichnung „Crystal“. In Asien findet man die Substanz vor allem als Tabletten. Hierzulande ist sie als „Thai-Pille“ bekannt. Crystal kann geschnupft, geraucht, gespritzt und geschluckt werden, als gängige Einmaldosis werden 100 bis 300 mg verwendet. Am schnellsten wirkt die Droge, wenn sie geraucht oder in gelöster Form gespritzt wird. Die Effekte sind dann bereits wenige Sekunden später zu spüren. Der Rausch hält im Schnitt etwa zehn bis zwölf Stunden an. In Einzelfällen ist die Wirkung aber auch noch nach mehreren Tagen spürbar. Diese Formen bergen aber auch die größte Gefahr der Überdosierung durch akute Vergiftungen. Die orale Aufnahme in Form sogenannter „Bömbchen“ ist im Vergleich risikoärmer.
Warum ist Crystal Meth so gefährlich? Das Suchtpotenzial ist extrem hoch. Durch die schnelle Toleranzentwicklung ist bei wiederholtem Konsum durch Sniefen häufig ein Umstieg auf die noch gefährlicheren Konsumformen wie Rauchen und Spritzen zu beobachten. Durch die massiv überhöhten Dopamin-Spiegel in den Zell-Zwischenräumen und in der Nervenzelle produziert die Monoaminoxidase (MAO) vermehrt Sauerstoff-Radikale, die Mitochondrien schädigen und die Nervenausläufer zum Absterben bringen. Das führt zunächst kurzfristig zu ausgeprägten Nebenwirkungen wie Herzrasen, Verdauungsstörungen bis hin zu Halluzinationen und Paranoia, die über mehrere Tage anhalten können. Langfristig ist mit massiven Schlafstörungen und Gedächtnisstörungen zu rechnen, die die Konsumenten wiederum zum Gebrauch von Crystal Meth treiben.
Was sind die Folgen? Der Langzeitkonsum von Crystal kann zu schweren körperlichen Schäden führen und Psychosen auslösen. Chronische Konsumenten bauen mit der Zeit sowohl körperlich als auch geistig stark ab – häufig mit nicht mehr umkehrbaren Folgen. Gerade im Gesicht erkennt man den körperlichen Verfall gut: Wie Gesichtsfarbe schwindet, Zähne fallen aus. Die Haut entzündet sich, man spricht dann von chronischer „Crystal Akne“. In weit fortgeschrittenem Stadium kommt es zu Rissen in den Hauptschlagadern, die schwere Organblutungen hervorrufen können, sowie zu Alzheimer-ähnlichen Hinrschädigungen.
Woher kommt Crystal Meth? Die Substanz ist aus gängigen Erkältungsmitteln mit Ephedrin und Pseudoephedrin sehr leicht herzustellen. Durch eine einfache Reduktion wird die Hydroxylgruppe von Ephedrin eliminiert. Dafür wird beispielsweise Lithium aus Batterien verwendet. In Deutschland erhältliches Crystal Meth scheint vor allem aus Tschechien zu kommen – an der Deutsch-Tschechischen Grenze wurden in den vergangenen Jahren wiederholt große Mengen von der Polizei sichergestellt. Nach Angaben der Ermittler lösen die synthetischen Drogen die „traditionellen“ Substanzen wie Heroin, Kokain und sogar Marihuana immer mehr ab. Ein Gramm Metamphetamin werde aus dem Schwarzmarkt mit Preisen um 100 Euro gehandelt.