Dosisreduktion

Colchicum: Maximal 6 mg pro Gichtanfall APOTHEKE ADHOC, 22.02.2019 11:33 Uhr

Änderungen umgesetzt: Die maximale Gesamtdosis pro Gichtanfall wird von bisher 12 mg auf 6 mg Colchicin halbiert. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Seit Ende Januar sind Colchicum-Dispert und Colchysat Bürger (Johannes Bürger Ysatfabrik) mit neuer Gebrauchsinformation unterwegs. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat Änderungen der Tagesdosis und der maximalen Colchicin-Gesamtdosis angeordnet, die eine Überdosierung durch Medikationsfehler verhindern sollen.

Colchicum-Dispert und Colchysat Bürger sind zur Behandlung eines akuten Gichtanfalls zugelassen. Die Arzneimittel aus der Herbstzeitlose sind jedoch nur Mittel der zweiten Wahl. Das Alkaloid besitzt eine geringe therapeutische Breite und eine hohe Toxizität. Überdosierungen können zu Nebenwirkungen mit tödlichem Ausgang führen. Meist werden akute Gichtanfälle mit Prednisolon und/oder einem nicht-steroidalen-Antirheumatikum (NSAR) behandelt.

Das BfArM reagiert mit der Begrenzung auf die in den vergangenen mehr als 20 Jahren gemeldeten etwa 71 Vergiftungsfälle, die im Zusammenhang mit Colchicin dokumentiert wurden. Etwa 40 von ihnen können als Medikationsfehler eingestuft werden. Als risikominimierende Maßnahme wird die maximale Höchstmenge der Arzneimittel auf 30 ml beziehungsweise 30 Tabletten reduziert. Dies entspricht einer Colchicin-Menge von 15 mg und somit ausreichend Wirkstoff, um mindestens zwei akute Gichtanfälle zu behandeln. Würde die Höchstmenge nicht begrenzt, wäre das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht mehr positiv. Die vom BfArM neu festgelegte therapiegerechte Packungsgröße sei nicht zu klein, um einen akuten Gichtanfall zu behandeln, und nicht zu groß, um eine Überdosierung zu erreichen.

Die maximale Gesamtdosis pro Gichtanfall wird von bisher 12 mg Colchicin halbiert. Die Dosierungsempfehlungen für Colchicin in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und der Europäischen Liga gegen Rheuma (DGRh und EULAR) wurden geändert. Denn Studiendaten belegen, dass bei einer verringerten Colchicindosis eine gleichwertige Wirksamkeit bei besserem Sicherheitsprofil erreicht werden kann. Die Tagesdosis am ersten Tag beträgt 2 mg, am zweiten und dritten Tag sind es zwei- bis dreimal je 0,5 mg und am vierten Tag gegebenenfalls zweimal je 0,5 mg bis zum Erreichen der Höchstdosis von 6 mg pro Gichtanfall. Im Rahmen der Überarbeitung der Produktinformationen fand ebenfalls eine Aktualisierung der Warnhinweise und der Arzneimittelinteraktionen statt.

Derzeit befinden sich laut Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) noch Packungen in alter Aufmachung sowie zuvor geltender Dosierempfehlung im Markt. Für die Packungen sei kein Rückruf vorgesehen. Die AMK hatte sich zudem für die Entfernung der Angabe „Pflanzliches Arzneimittel“ und für eine Abbildung zum richtigen Gebrauch des Zentraltropfers eingesetzt. Mit Erfolg. Beide Vorschläge wurden in der Gebrauchsinformation umgesetzt.

Im Januar 2018 verstarb ein 73-jähriger Mann etwa 50 Stunden nach der Einnahme eines Colchicin-Präparates an einem Multiorganversagen. Der Betroffene hatte zur Behandlung eines akuten Gichtanfalls 50 ml – entsprechend 25 mg – einer Colchicin-haltigen Lösung eingenommen. Im Akutfall sollte den alten Empfehlungen zufolge jedoch als Initialdosis 1 mg des Wirkstoffes verabreicht werden – entsprechend 2 ml. Innerhalb von 24 Stunden waren höchstens 8 mg Colchicin erlaubt. Die Maximaldosierung für einen Gichtanfall betrug 12 mg, also 24 ml.

Der Wirkstoff wird rasch resorbiert und hauptsächlich über die Leber oder unverändert über Niere wieder ausgeschieden. Das Alkaloid geht unter anderem mit Inhibitoren des P-Glykoproteins und CYP3A4 Wechselwirkungen ein. Erste Symptome einer Überdosierung können Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerzen, Durchfall oder Elektrolytstörungen sein. Diese Beschwerden treten in den ersten 24 Stunden nach der Einnahme auf und können in ein Multiorganversagen übergehen. Metabolische Azidose, Herzrhythmusstörungen, Herz-, Lungen- oder Nierenversagen können zum Tod führen. Ein Antidot gibt es nicht. Um den Wirkstoff aus dem Körper zu entfernen kann lediglich Erbrechen herbeigeführt, eine Magenspülung durchgeführt oder medizinische Kohle gegeben werden.