Bereits im vergangenen Jahr rückte das Alkaloid Colchicin aus der Herbstzeitlosen zur Behandlung von Covid-19 in den Fokus. Nun liegen neue, vielversprechende Daten vor: Die Autoren halten die Substanz sogar für wirksamer als Remdesivir.
Die neuen Daten der Phase-III-Studie sind vielversprechend, wie das Forschungskonsortium „Colcorona“ mitteilte. Adolfo García-Sastre, Virologe am Mount Sinai Hospital in New York und einer der verantwortlichen Studienautoren geht sogar noch einen Schritt weiter: Colchicin sei etwa hundertmal wirkungsvoller als Remdesivir, der erste zugelassene Wirkstoff gegen Covid-19. Demnach sei ein Großteil der knapp 4500 Covid-Patienten – im Vergleich zu Placebo – durch den rechtzeitigen Einsatz von Colchicin vor einem schweren Erkrankungsverlauf verschont geblieben.
Die Krankenhauseinweisungen konnten den Forschern zufolge um 25 Prozent gesenkt werden, die notwendigen, künstlichen Beatmungen um 40 Prozent. Außerdem habe es 44 Prozent weniger infektionsbedingte Todesfälle gegeben. Alle Teilnehmer, wurden zu Studienbeginn ambulant behandelt, sie wiesen jedoch mindestens einen Risikofaktor für schwere Verläufe auf. „Der Nutzen ist da. Und es ist ein Medikament, das einen lächerlichen Preis hat. Eine monatliche Behandlung kostet etwa drei Euro", erklärte José Luis López-Sendón, Kardiologe am Madrider Krankenhaus La Paz und Studienleiter des spanischen Teils der Studie.
Colchicin gilt als antientzündlich und antiinflammatorisch: Es hemmt die Fähigkeit der weißen Blutkörperchen, zielgerichtet zum Entzündungsherd zu wandern. Außerdem verhindert die Substanz ein Anfeuern der Entzündungsreaktion durch eine gehemmte Produktion von proinflammatorischen Zytokinen.
Daher könnte das Mittel vor allem vor einem gefürchteten Zytokinsturm schützen. Dabei handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems, die mit einer erhöhten Bildung von entzündungsrelevanten Zytokinen einhergeht und somit zu einer systemischen Entzündungsreaktion führt. Dadurch kann es bei Covid-19 zu schweren und zum Teil lebensbedrohlichen Atemwegs-Komplikationen kommen.
Colchicin kommt natürlicherweise in der giftigen Herbstzeitlosen vor. Derzeit wird die Substanz zur Behandlung von akuten Gichtanfällen verwendet. Der Einsatz ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: Wird sie überdosiert, kann es schnell zu Vergiftungserscheinungen kommen. In einigen Fällen kam es durch eine Falscheinnahme bereits zu Todesfällen. Mittlerweile werden daher in der Behandlung der Gicht häufig andere Medikamente eingesetzt, die ein besseres Sicherheitsprofil aufweisen.
Das Alkaloid könnte auch in anderen medizinischen Bereichen eingesetzt werden: In der Vergangenheit konnte es in niedrigen Dosierungen zum kardiovaskulären Schutz nach einem Herzinfarkt beitragen, auch zur Behandlung verschiedener Herzerkrankungen laufen Untersuchungen.
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