Colchicin wird eigentlich zur Behandlung von Gichtanfällen verwendet. Eine Studie gibt nun Hinweise darauf, dass der Wirkstoff in niedriger Dosierung auch nach einem Herzinfarkt eingesetzt werden kann, um das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen zu verringern.
Bislang wird Colchicin zur Behandlung von akuten Gichtanfällen bei Erwachsenen eingesetzt. Initial wird bei einem solchen Anfall 1 mg Colchicin eingenommen, zwei Stunden später erfolgt eine weitere Einnahme von 0,5 mg. Die Maximaldosis beträgt 2 mg pro Tag und 6 mg pro Gichtanfall. Die Dosierung der folgenden Tage wird individuell festgelegt. Wegen der geringen therapeutischen Breite darf die Höchstdosis nicht überschritten werden, da es sonst zu irreversiblen und tödlichen Vergiftungen kommen kann. Durchfall und Erbrechen können ein erstes Anzeichen dafür sein.
Colchicin ist ein sogenanntes „Spindelgift“ und ein Alkaloid aus der Herbstzeitlosen: Bereits in niedrigen Dosierungen kann es antientzündliche Wirkungen erzielen. Diese beruhen auf einer Hemmung der Mikrotubuli-Bildung im Zellkern. Die Ausbildung des Spindelapparats während der Mitose wird unterbunden. Die Mitose bleibt demnach in der Metaphase stehen – die Zellteilung wird verhindert. Die Folge ist eine antientzündliche Wirkung, die bereits bei niedrigen Dosierungen erzielt wird. Diese Wirkungen sollen hilfreich sein, da entzündliche Reaktionen im Verdacht stehen, das Fortschreiten von Atherosklerose zu beschleunigen.
In der Colcot-Studie wurden über 4700 Patienten mit einem mittleren Alter von 61 Jahren nach einem Myokardinfarkt mit 0,5 mg Colchicin täglich oder Placebo behandelt. Bei 83 Prozent der Teilnehmer wurde ein Stent gesetzt. Diese wurden ebenfalls mit einer dualen Thrombozytenhemmung mit ASS (99 %) und einer zweiten Substanz (98 %) therapiert. Außerdem wurden die Patienten entsprechend den Empfehlungen der Leitlinien mit einem Statin (99 %) und einem Betablocker (89 %) behandelt.
Primärer Endpunkt war eine Kombination aus kardiovaskulärem Tod, Reanimation nach Herzstillstand, erneutem Myokardinfarkt, Schlaganfall oder einem dringenden Krankenhausaufenthalt wegen Angina pectoris. Nur eines dieser Ereignisse trat während der Nachbeobachtungszeit von 22,6 Monaten in der Colchicin-Gruppe bei 5,5 Prozent der Patienten auf gegenüber 7,1 Prozent in der Placebogruppe auf.
Vor allem in Bezug auf Hospitalisierungen wegen Angina pectoris und Schlaganfällen konnten die Wissenschaftler Vorteile verzeichnen. Der Rückgang von kardiovaskulären Sterbefällen und von Herzinfarkten war hingegen nicht signifikant. Die häufigsten Nebenwirkungen von Colchicin waren Durchfall mit 9,7 Prozent gegenüber 8,9 Prozent in der Placebogruppe und Übelkeit mit 1,8 Prozent gegenüber 1,0 Prozent unter Placebo. Weitere mögliche Nebenwirkungen von Colchicin sind Benommenheit, Muskelschwäche, Bauchschmerzen und Krämpfe, sowie Juckreiz.
Obwohl die Studie positive Ergebnisse verzeichnen konnte, brachen viele der Teilnehmer die Einnahme von Colchicin ab. Die Bereitschaft, ein weiteres Medikament einzunehmen, war bei fast 19 Prozent der Patienten nicht gegeben. Obwohl Colchicin entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden, wurden klare Auswirkungen auf das C-reaktive Protein, dem wichtigsten Entzündungsparameter, vermisst.
APOTHEKE ADHOC Debatte