Gebärmutterhalskrebs

Cochrane: HPV-Impfung schützt vor Krebsvorstufen dpa/APOTHEKE ADHOC, 09.05.2018 10:14 Uhr

HPV-Impfung ist effektiv: Forscher sichteten für die aktuelle Metaanalyse die Ergebnisse von 26 Studien weltweit. Foto: Elke Hinkelbein
London/Berlin - 

Die Impfung gegen Humane Papilloma-Viren (HPV) schützt junge Frauen wirksam vor Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs. Einer umfassenden Daten-Auswertung zufolge haben vor allem Frauen, die im Alter zwischen 15 und 26 Jahren geimpft werden, ein geringeres Risiko, solche Krebsvorstufen zu entwickeln.

Die Cochrane Library – ein Informationsportal für evidenzbasierte Medizin – sichtete für die Metaanalyse die Ergebnisse von 26 Studien weltweit. Mehr als 73.400 Frauen aus allen Kontinenten hatten über dreieinhalb bis acht Jahre lang daran teilgenommen. Die Wissenschaftler haben kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen festgestellt. Außerdem fanden sie keine Hinweise dafür, dass die Impfung das Risiko für Fehlgeburten erhöht. Die in den Studien berichteten Todesfälle waren nicht mit dem Impfstoff assoziiert.

In Zahlen zeigt die Gesamtanalyse: Von 10 000 Frauen, die zum Start der Studien keine HPV-Infektion hatten, entwickelten später zwei Frauen trotz einer Impfung Krebs-Vorstufen. In der Placebo-Gruppe war dies bei 164 Frauen der Fall. Auch beim Blick auf alle Studienteilnehmerinnen – HPV infiziert oder nicht – verringerte eine Impfung bei 15- bis 26-Jährigen die Zahl derjenigen mit solchen Läsionen durch HPV 16/18. 157 pro 10.000 erkrankten daran. Bei den Placebo-Kandidatinnen waren es 341. Bei älteren Frauen zwischen 25 und 45 Jahren verschafften die Impfstoffe hingegen keine Vorteile – vermutlich, weil die Frauen schon infiziert waren, folgern die Forscher.

Die Cochrane-Mediziner betonen jedoch, dass keine der Studien lange genug lief, um die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs zu untersuchen. „Gebärmutterhalskrebs kann sich viele Jahre nach der HPV-Infektion und nach der Läsionenbildung entwickeln“, betont die Onkologin Dr. Jo Morrison vom Musgrove Park Hospital im britischen Somerset. „Deshalb sind Folgestudien notwendig.“ Die Ärztin geht zwar davon aus, dass die Krebsraten in Zukunft durch die Impfung sinken werden. Aber: „Sie kann nicht alle Fälle verhindern, und es ist wichtig, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen, auch nach einer Impfung.“



In Deutschland hat sich die Impfung bislang nicht in der Breite durchgesetzt – auch wegen anhaltender Skepsis über mögliche Nebenwirkungen. 2015 waren nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nur 45 Prozent der 17-jährigen Mädchen komplett drei Mal geimpft. „Um möglichst hohe HPV-Impfquoten zu erzielen, ist zu erwägen, deutschlandweit Schulimpfprogramme einzurichten, um möglichst auch jene Kinder zu erreichen, die im Alter von 9 bis 14 Jahren keinen Arzt oder keine Ärztin besuchen», ergänzt Dr. Thomas Harder, RKI-Experte für Impfprävention.

Das ist in Hessen bereits mit Erfolg der Fall. „Das 2015 begonnene Schulimpfprogramm an Grundschulen in Südhessen konnte die Teilnahmerate an der HPV-Impfung auf mehr als 75 Prozent erhöhen“, berichtet Mit-Initiatorin Professor Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong von der TU Mittelhessen.

Auch der Gynäkologe Professor Dr. Karl Ulrich Petry (Klinikum Wolfsburg) betont: „Das Allervernünftigste ist, früh zu impfen. Wer mit neun Jahren zweimal gegen HPV geimpft wurde, hat mit 15 Jahren einen Antikörper-Titer wie jemand, die oder der mit 15 Jahren dreimal geimpft wurde.“ Die Metaanalyse habe die Sicherheit bestätigt. „Wer Vorbehalte hatte gegenüber der HPV-Impfung, sollte diese nun über Bord werfen.“

HPV werden sexuell übertragen und kommen bei jungen Menschen häufig vor. Normalerweise werden sie vom Immunsystem beseitigt. Wenn jedoch Hochrisikotypen (hr) bestehen bleiben, können sie die Entwicklung abnormaler Zervixzellen verursachen, die als zervikale Präkanzerose bezeichnet werden. Präkanzerose kann sich nach mehreren Jahren zu Gebärmutterhalskrebs entwickeln. Nicht jeder, der eine zervikale Präkanzerose hat, entwickelt auch Krebs. Es ist jedoch schwer vorauszusagen, wer später davon betroffen sein wird.

Es gibt eine Reihe von verschiedenen hrHPV-Typen, die zervikale Präkanzerose und Krebs verursachen können. HPV16 und HPV18 sind die wichtigsten Hochrisikotypen, da sie weltweit etwa 70 Prozent aller Gebärmutterhalskrebsarten verursachen. Weltweit bekommen jährlich etwa 528.000 Frauen die Diagnosen Zervixkarzinom, 266.000 sterben daran.

Präventive Impfung, durch Injektion von HPV-ähnlichen Partikeln in den Muskel, löst die Produktion von Antikörpern aus, die gegen zukünftige HPV-Infektionen schützen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt allen Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren eine HPV-Impfung zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs. Einen vollständigen Schutz bietet die Immunisierung jedoch nicht, da sich die verfügbaren Vakzine nur gegen bestimmte Arten der sexuell übertragbaren HPV-Stämme richten. Die Altersspanne wurde vor einigen Jahren von zuvor 12 bis 17 Jahren herabgesetzt, um mehr Mädchen zu schützen, bevor diese sexuell aktiv werden. Wer die Immunisierung im empfohlenen Alter versäumt, kann diese bis zum 18. Geburtstag nachholen. Die Kassen übernehmen seit mehr als zehn Jahren die Kosten für die HPV-Impfung.

Im Handel sind die neunvalente Vakzine Gardasil 9 (MSD) und die bivalente Vakzine Cervarix (GSK). Mit Gardasil 9 könnten laut Hersteller 90 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs durch HP-Viren verhindert werden. Die Vakzine ist zugelassen für Mädchen und Frauen ab neun Jahren und dient der Vorsorge von Gebärmutterhalskrebs, Vulva-, Vaginal- und Analkarzinomen, die durch die HPV-Typen 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 ausgelöst werden. Außerdem kann die Impfung vor Genitalwarzen, die durch HPV-Typen 6 und 11 ausgelöst werden können, schützen.

Sieben HPV-Typen, die der Impfstoff enthält (HPV 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58) können etwa 90 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs auslösen und etwa 80 Prozent der hochgradigen zervikalen Läsionen weltweit. Gardasil 9 ist seit März 2016 auf dem Markt. Gardasil als Vakzine mit vier Stämmen ist seit Dezember 2017 nach etwa elf Jahren außer Vertrieb. GSK hat Cervarix (HPV 16 und 18) seit 2007 im Markt.

Wie bei der saisonalen Grippeimpfung muss vor der Infektion geimpft werden. Es handelt sich um eine prophylaktische Vakzine mit leeren Proteinhüllen. Außerdem sind die Präparate temperaturempfindlich und bedürfen einer Lagerung im Kühlschrank.