Nosokomiale Infektionen

Clostridium difficile: Wie der Keim in Darmzellen eindringt

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Berlin -

Clostridium difficile ist ein fakultativ pathogener Keim, der bei immungeschwächten Personen zu schweren Komplikationen führen kann. Manche Stämme produzieren Giftstoffe, die für die Krankheitssymptomatik verantwortlich gemacht werden. Forscher haben nun entschlüsselt, wie diese Toxine in Darmzellen penetrieren. Die Studienergebnisse wurden im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht.

Clostridium difficile ist ein grampositives Stäbchenbakterium, das aerotolerante Sporen ausbilden kann. Letztere verleihen dem Erreger Toleranz gegen Wärme und Austrocknung sowie gegen eine Reihe verschiedener chemischer Substanzen, darunter Antibiotika und Desinfektionsmittel. Erstmals wurde der Keim Ende der 1970er Jahre als Erreger von Durchfallerkrankungen in Zusammenhang mit einer Antibiotikabehandlung identifiziert. Bekannt ist, dass die Virulenzfaktoren Enterotoxin A und Cytotoxin B pathogen wirken. Stämme, die keine Giftstoffe bilden können, verursachen keine Krankheit. Pathogene Stämme produzieren in der Regel beide Toxine, einige Stämme aber auch nur Cytotoxin B. In einigen virulenten Stämmen wird zudem ein weiteres binäres Toxin (CDT) exprimiert, dessen Funktion in der Pathogenese der Erkrankung aber bisher ungeklärt ist.

Die Giftstoffe können beim Menschen größtenteils Diarrhö und pseudomembranöse Kolitis verursachen, weiterhin können auch Darmperforationen sowie eine Sepsis auftreten. Ob und in welchem Schweregrad eine Krankheitssymptomatik ausgebildet wird, hängt hauptsächlich von disponierenden Faktoren beim Menschen ab. Dazu gehören unter anderem eine Dysbalance der mikrobiellen Darmflora, die durch eine Antibiotikabehandlung hervorgerufen werden kann, aber auch gastrointestinale Grunderkrankungen oder operative Eingriffe spielen eine Rolle. Von Bedeutung ist auch der immunologische Status der Person, beispielsweise ob spezifische Antikörper gegen Enterotoxine vorhanden sind oder nicht.

Die Toxine dringen in die Zellen der Darmschleimhaut ein und stören deren Barrierefunktion. Bisher ist bekannt, dass die Giftstoffe Zucker-Moleküle auf Schalterproteine übertragen, die dadurch inaktiv werden. Dadurch kommt es zu einer zytotoxischen Schädigung der Intestinalzellen. Ungeklärt in diesem Zusammenhang war, wie die vergleichsweise großen Proteine dieser Toxine in die Wirtszellen eindringen. Wissenschaftler wussten lediglich, dass die bakteriellen Giftstoffe an Rezeptoren auf der Oberfläche von Darmzellen binden und aus Vesikeln durch kleine Poren ins Zellinnere gelangen.

Forscher um Professor Dr. Klaus Aktories vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Freiburg haben nun in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Andreas Schlosser vom Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg gezeigt, dass die weitere Aufnahme der Toxine von dem Protein TRiC abhängt. Dieses Chaperon faltet Eiweißmoleküle, die in der Zelle als lange Ketten von Aminosäuren gebildet werden, und verhilft ihnen zu ihrer räumlichen Struktur. Den Wissenschaftlern zufolge ist TRiC auch daran beteiligt, bakterielle Giftstoffe zu falten, die als lange Ketten durch Zellmembranen geschleust und dann im Inneren neu gefaltet werden müssen. Als die Wissenschaftler dieses Protein mittels eines Inhibitors blockiert oder genetisch deaktiviert haben, kam es zu keiner Vergiftung durch die Toxine. Die neuen Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung von Wirkstoffen gegen die Giftstoffe genutzt werden.

Das Risiko, während eines stationären Aufenthalts unter einer Antibiose an einer Clostridium-difficile-Infektion (CDI) zu erkranken, liegt bei etwa 1:100. Das Risiko steigt durch die Gabe von Antibiotika wie Cephalosporinen, Clindamycin und Ampicillin. Aber auch jede andere Antibiose kann Ursache einer Infektion sein. Ein erhöhtes Risiko haben zudem Patienten, die mit Protonenpumpenhemmern (PPI) behandelt werden. Denn eine verminderte H+-Ionenkonzentration im Magen begünstigt die CDI. Gefährdet sind neben Immungeschwächten auch ältere Personen ab einem Alter von 65 Jahren.

Etwa jeder vierte CDI-Patient erleidet innerhalb von zwei Monaten nach der ersten Erkrankung ein Rezidiv – mehr als 40 Prozent erkranken ein weiteres Mal. Wiederkehrende Infektionen konnten bislang mit einer antimikrobiellen Intervalltherapie und der Gabe von Probiotika behandelt werden. Zinplava (Bezlotoxomab, MSD) stellt nun eine weitere Therapieoption dar. Der Wirkstoff ist die erste Behandlungsoption zur Prävention von wiederkehrenden CDI für Erwachsene mit erhöhtem Risiko. Der humane monoklonale Antikörper bindet mit hoher Affinität an das Cytotoxin B und neutralisiert es und wird als einmalige einstündige intravenöse Infusion in Kombination mit einem Standardantibiotikum wie Metronidazol, Vancomycin oder Fidaxomicin verabreicht.

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