Chloroquin: Erhöhtes Suizid-Risiko Alexandra Negt, 18.01.2021 10:07 Uhr
Bei den beiden Wirkstoffen Chloroquin und Hydroxychloroquin wurde ein neuer Warnhinweis in die Fachinformation aufgenommen. Zu den neu bekannt gewordenen unerwünschten Ereignissen gehören Suizidverhalten und psychiatrische Erkrankungen. Diese unerwünschten Ereignisse treten auch bei Menschen auf, die im Vorhinein nicht psychisch erkrankt waren.
Für Chloroquin und Hydroxychloroquin wurden neue Warnhinweise in die Fachinformation mit aufgenommen. Ergänzt wurde folgendes unerwünschtes Ereignis: Suizidverhalten und psychiatrische Erkrankungen (auch bei Patienten ohne psychiatrische Erkrankungen in der Vorgeschichte). Die beiden Wirkstoffe werden nicht nur bei Malaria angewendet. Sie sind auch bei chronischer Polyarthritis einschließlich juveniler chronischer Arthritis, sowie bei systemischem Lupus erythematodes indiziert.
Kurzfristige Indikation: Covid-19
Vor über 60 Jahren brachte Bayer mit Resochin ein Chloroquin-haltiges Mittel zur Behandlung und zur Prophylaxe von Malaria auf den Markt. 2019 ging das Präparat dann außer vertrieb. Zur Behandlung von Malaria sind mittlerweile zahlreiche besser verträgliche und wirksamere Varianten verfügbar. Darüber hinaus hatte das Arzneimittel die Zulassung zur Behandlung des systemischen Lupus erythematodes sowie der chronischen Polyarthrtitis einschließlich der juvenilen Form. Für Chloroquin gibt es eine sogenannte kumulative Dosis, das bedeutet, dass die Einnahme nur bis zu einer definierten Gesamtdosis erfolgen durfte. Danach musste die Therapie abgebrochen oder umgestellt werden.
2020 erfolgte dann das kurzfristige Comeback für Resochin, da man eine Wirkung bei Covid-19 vermutete. „In einer sogenannten in vitro Studie an Zellkulturen konnten Forscher in China zeigen, dass durch Resochin die Vermehrung des Virus gehemmt wird“, erklärt Dr. Martin Springsklee, Leiter Medizin für Anti-Infektiva bei Bayer. Der Wirkmechanismus sei zwar nicht vollständig aufgeklärt, aber es werde angenommen, dass durch Resochin sowohl der pH-Wert in den Zellen erhöht als auch die Andockstellen des Virus verändert werden. Damit werde es dem Erreger erschwert, die Epithelzellen der Atemwege zu infizieren.
Die WHO setzte den Hydroxychloroquin- sowie Chloroquin-Arm der global angelegten „Solidarity“ Studie im Juni vorübergehend aus. Verschiedene wissenschaftliche Artikel zeigten, dass Menschen, die das Medikament einnahmen, ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hatten als diejenigen, die das Malariamittel nicht einnahmen. Unter der Einnahme dieser Medikamente verstarben mehr Patienten als in den Kontrollgruppen (Standard-Covid-Therapie). Ein Team von Forschern aus den USA und der Schweiz führten hierfür eine internationale Registeranalyse an insgesamt 96.032 bestätigten Covid-Patienten in 671 Krankenhäusern auf sechs Kontinenten durch. Das Ergebnis: Das Risiko einer ventrikulären Arrhythmie während der Therapie war bei beiden Malariamitteln erhöht. In der Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin stieg das Risiko weiter.
Versorgungslage gesichert
Zuletzt hob das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Regelungen und Empfehlungen zur Sicherstellung der Versorgung chronisch Kranker mit Hydroxychloroquin-haltigen Arzneimitteln im Juli vergangenen Jahres wieder auf. Die Situation habe sich soweit stabilisiert, dass keine Beschränkungen in der Abgabe mehr nötig seien. Um Abgaben auf Privatrezepten zum Off-Lable-Use bei Covid-19 zu vermeiden gab das BfArM 3. April Regelungen bezüglich der Abgabe von Hydroxychloroquin bekannt. Apotheken wurden angehalten, Hydroxychloroquin nur für Patienten mit zugelassener Indikation abzugeben. Die Versorgung von Chronikern, die auf das Arzneimittel angewiesen sind, sollte sichergestellt werden.