Chlamydien-Impfstoff in Sicht? APOTHEKE ADHOC, 15.08.2019 09:24 Uhr
Infektionen mit Chlamydien zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten. In Dänemark wurde ein Impfstoff entwickelt, der sich nun in einer ersten klinischen Studie beweisen konnte. Das Ergebnis der Studie wurde im Fachjournal „Lancet Infectious Diseases“ veröffentlicht.
Der am Statens Serum Institut in Dänemarkt entwickelte Impfstoff wurde in 15 Jahren EU-finanzierter Forschungsarbeit entwickelt: Der publizierten Ergebnisse zufolge erzeugte der Impfstoff eine Immunantwort, die auch in der vaginalen Schleimhaut nachweisbar war. In der Studie wurden zwei unterschiedlich adjuvantierte Impfstoffe getestet: Einer enthielt Liposomen, die die zelluläre Immunität unterstützen sollen, der andere enthielt Aluminiumhydroxid, welches die Bildung von Antikörpern verstärken soll.
Die Impfung, die das Teilprotein CTH522 enthält, wurde nun erstmals an einer Klinik in London an gesunden Frauen im Alter von 19 bis 45 Jahren getestet, die nachweislich nicht mit Chlamydien infiziert waren. 35 Patientinnen nahmen an der Phase-I-Studie teil: Sie erhielten an den Tagen 0, 28 und 112 jeweils eine intramuskuläre Injektion des adjuvantierten Impfstoffes oder Placebo in den Arm. An den Tagen 126 und 140 folgten zwei intranasale Applikationen des Impfstoffs oder Placebo. Alle Impfungen wurden den Forschern zufolge von den Patientinnen gut vertragen.
Am häufigsten kam es nach den intramuskulären Injektionen zu Schmerzen an der Einstichstelle, Berührungsempfindlichkeit oder Bewegungseinschränkungen. Solche Reaktionen wurden jedoch als mild eingestuft. Sie klangen nach zwei bis vier Tagen wieder vollständig ab. Die beiden intranasalen Applikationen führten ebenso nicht häufiger zu Nebenwirkungen als Placebo. Laut der Forscher kam es bei allen Frauen durch die Impfstoffe zur Bildung von IgG-Antikörpern. Der mit Liposomen versehene Impfstoff erreichte dabei höhere Titer als der mit Aluminiumhydroxid.
Eine anschließende Untersuchung der Schleimhautsekrete zeigte, dass neben den IgG auch IgA-Antikörper erzeugt wurden: Damit besteht die Chance, dass das Immunsystem die Chlamydien abtötet, bevor diese die Schleimhaut infizieren können. Ob die Frauen durch die ausgelöste Immunreaktion tatsächlich vor einer Infektion geschützt sind, müssen nun größere Studien ermitteln: Als nächstes will das Forscherteam den mit Liposomen adjuventierten Impfstoff in einer Phase-2a-Studie weiter untersuchen.
Langfristig könnte der Impfstoff der Forscher zufolge gut mit der Impfung gegen HPV kombiniert werden. Die Impfquote von HPV liegt in Deutschland derzeit bei gerade einmal gut 40 Prozent. Andere europäische Länder wie Großbritannien mit 85 Prozent, Norwegen und Portugal mit je 83 Prozent oder Schweden mit 77 Prozent liegen deutlich darüber. Eine Meta-Analyse aus Kanada zeigte vor kurzem, welchen Erfolg eine flächendeckende HPV-Impfung haben kann.
Durchschnittlich gingen durch die Impfung innerhalb von fünf bis acht Jahren in der Gruppe der 13- bis 19-jährigen Mädchen die HPV-Infektionen mit den Typen 16 und 18 im Durchschnitt um 83 Prozent zurück. Die Autoren ermittelten bei einer hohen Impfrate von mindestens 50 Prozent eine Herdenimmunität: Anogenitale Warzen bei Jungen und Mädchen gingen hier um fast 90 Prozent zurück.
Chlamydien werden ebenso wie HPV durch Geschlechtsverkehr übertragen. Es handelt sich dabei um Bakterien, die folgeschwere Entzündungen verursachen können: Am häufigsten sind die Schleimhäute von Gebärmutterhals, Harnröhre und Enddarm betroffen. Infektionen verursachen zunächst oft keine oder nur unspezifische Beschwerden: Ausfluss aus Harnröhre oder Vagina mit Jucken, Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen können auftreten. Unbehandelt kann die Infektion sich ausbreiten: Es kommt zu Unterleibsentzündungen oder Entzündungen von Prostata, Hoden und Nebenhoden. In vielen Fällen führt die Infektion dadurch zur Unfruchtbarkeit.
Die Anwendung von Kondomen reduziert zwar das Risiko einer Chlamydien-Infektion, schützt jedoch nicht vollständig. Mithilfe eines Abstrichs oder Tests kann eine Erkrankung festgestellt werden. Bis zum vollendeten 25. Lebensjahr können sich Frauen einmal jährlich in einer gynäkologischen Praxis per Urintest auf Chlamydien untersuchen lassen: Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. Der Test wird ebenfalls übernommen, wenn eine Infektion mit Chlamydien vermutet und er im Rahmen der ärztlichen Diagnostik veranlasst wird.
Liegt eine Infektion vor, kann diese mit Antibiotika gut behandelt werden. Je eher die Erkrankung diagnostiziert und behandelt wird, umso besser sind die Chancen, dass die Infektion ohne Folgeschäden ausheilt. Sexualpartner sollten in jedem Fall mit untersucht und gegebenenfalls auch behandelt werden. Besonders kritisch ist, dass bei einer Chlamydien-Infektion ein höheres Risiko besteht, sich mit HIV zu infizieren, weil das Virus durch die Entzündungen besonders leicht in den Körper gelangt.