Erhöhte Wirkstoffspiegel

CBD und Melatonin: Zwei Trendsubstanzen mit Wechselwirkungen

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Berlin -

Der CBD-Trend hält bereits seit längerem an. In den auf Hanfprodukte spezialisierten Shops kann der/die Kund:in ein großes Produktportfolio zum Thema Hanf vorfinden – natürlich alles THC-frei. Und deswegen gibt es zahlreiche CBD-Produkte, da Cannabidiol ohne psychotrope Wirkung ist. Ebenfalls im Trend: Melatonin. Das einschlaffördernde Hormon erfährt gerade in Form von Sprays große Beliebtheit. Ein Blick auf Neben- und Wechselwirkungen zeigt, dass gewisse Risiken vorhanden sind und von Apotheker:innen und PTA erläutert werden sollten.

Klar, die wenigsten Menschen nehmen wohl Immunsuppressiva ein. Und doch gibt es sie, die Patient:innen, Calcineurin- oder mTOR-Inhibitoren wie Ciclosporin, Tacrolimus, Everolimus & Co. einnehmen. Diese Wirkstoffe können in Wechselwirkung mit CBD treten.

Calcineurin- oder mTOR-Inhibitoren

Calcineurin- oder mTOR-Inhibitoren werden nach erfolgter Immuntransplantation oder bei Krebserkrankugnen gegeben. Zwei Krankheitsbilder, bei denen die Betroffenen oftmals einen ganzen Cocktail aus Medikamenten schlucken. Allein die Einnahme der verschriebenen Medikamente kann zahlreiche Neben- und Wechselwirkungen auslösen – da kommt die eigenmächtige CBD-Einnahme nicht unbedingt passend. So kann CBD beispielsweise die Konzentration von Ciclosporin und Sirolimus erhöhen. Verschiedenste Hinweise wurden in den zugehörigen Fachinformationen aufgenommen.

Ist CBD vielleicht einfach eine Substanz, die kaum Wirkung im Körper zeigt und dshalb in Pop-Up-Stores verkauft werden kann? Cannabidiol ist ein Cannabinoid der Hanfpflanze. Die Substanz ist sowohl im weiblichen als auch im männlichen Hanf vorhanden. Dementsprechend kann man die Verbindung aus allen Pflanzen extrahieren. Zunächst liegt CBD als Carbpxylsäure vor. Erst durch Erwärmung entsteht aus CBD-Säure das CBD. Noch sind nicht alle Wirkungsweisen der Substanz geklärt, doch was man bislang weiß ist, dass CBD agonistisch an den Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 wirkt. Auch blockierende Eigenschaften sind möglich. Und mit dem noch nicht abschließend geklärten Wirkmechanismen geht es weiter: CBD geht in Wechselwirkung mit GRP55. Die genauen Aufgaben des G-Protein-gekoppelten Rezeptors sind nicht bekannt. Was man weiß: Diese Rezeptoren lösen verschiedene Signalkaskaden auf zellulärer Ebene aus. Zusammen mit GPR119 und GPR18 rückt der Rezeptor immer öfter in den Fokus der Cannabis-Forschung als neuartige Cannabinoidrezeptoren.

CBD mit Blick auf Epidyolex

Wenn man sich die Neben- und Wechselwirkungen anschauen möchte, dann lohnt sich ein Blick in die Fachinformation von Epidyolex (GW Pharma). Denn das Rx-Mittel, welches bei Krampfanfällen im Zusammenhang mit dem Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) oder dem Dravet-Syndrom (DS) eingesetzt wird, enthält Cannabidiol. Pro Milliliter sind 100 Milligramm CBD enthalten. Zu Beginn werden 2-mal täglich 2,5 mg pro kg/KG gegeben. Als Erhaltungsdosis fungieren 5 mg pro kg/KG. Bei der Dosierungsangabe wird direkt ein Risikofaktor deutlich: Menschen mit mäßiger oder schwerer Leberfunktionsstörung sollten eine Dosisanpassung vornehmen und die Menge CBD pro kg/KG verringern.

Unter dem Punkt Gegenanzeigen listet die Fachinformation „erhöhte Transaminasewerte“. Ebenfalls in der Fachinformation aufgegriffen sind die Themen „Suizidgedanken“ und „suizidales Verhalten“. Hier schließt der Hersteller eine mögliche Entwicklung solcher unerwünschten Effekte nicht aus, da andere Antiepileptika in einer Metaanalyse randomisierter, Placebo-kontrollierter Studien ein leicht erhöhtes Risiko für das Auftreten von Suizidgedanken und suizidalem Verhalten zeigten. „Patienten sollte medizinische Hilfe einholen, wenn Anzeichen […] auftreten“, heißt es in der Fachinformation.

Kaffee und CBD

Auch Kaffee kann Einfluss auf CBD nehmen. In-vivo-Daten zeigen, dass bei der Verabreichung von CBD (2-mal täglich 750 mg) zusammen mit einer Einzeldosis Koffein (200 mg) höhere Koffein-Blutwerte erzielt werden. Die Daten deuten darauf hin, dass Cannabidiol ein schwacher CYP1A2-Inhibitor ist. Zwar ist die klinische Bedeutung dieser Ergebnisse nicht untersucht worden, doch bei einer nicht überachten CBD-Einnahme und einem hohen Kaffee-Konsum können Wechselwirkungen nicht ausgeschlossen werden. Im Netz wird CBD in Kombination mit Kaffeespezialitäten positiv hervorgehoben. In großen Städten erfahren CBD-Cafés große Beliebtheit.

Melatonin – ein freiverkäufliches Hormon

Auch Melatonin erfährt gerade einen Hype. Hier sind die angebotenen Darreichungsformen mittlerweile genauso vielfältig wie bei CBD. Ob Tablette, Kaugummi, Spray, Weingummi oder Heißgetränk – allein in der Apotheke finden sich zahlreiche Versionen. Das Spannende: Eigentlich handelt es sich bei Melatonin um ein Hormon, welches in den Schlaf-Wach-Zyklus eingreift – dennoch ist es ohne Rezept erhältlich. Frei von Neben- und Wechselwirkungen sind die Präparate allerdings nicht.

So sollte Melatonin nicht mit Alkohol eingenommen werden. Alkohol reduziert die Wirksamkeit von Melatonin. Anders bei der gleichzeitigen Einnahme von Benzodiazepinen und Melatonin: Das Hormon kann die sedierenden Eigenschaften der Rx-Wirkstoffe verstärken. Das gleiche gilt für die Z-Substanzen Zolpidem und Zopiclon.

Weitere Wechselwirkungen bestehen zu Fluvoxamin, Cimetidin, CYP1A2-inhibitoren wie Chinolone und CYP1A2-Induktoren wie Carbamazepin und Rifampicin. Doch auch hormonelle Kontrazeptiva können aufgrund der enthaltenen Östrogene zu Wechselwirkungen führen. Dadurch, dass diese Präparate die Metabolisierung von Melatonin hemmen, können die Melatoninspiegel steigen. Und auch Raucher:innen sollten sich über eine mögliche Wechselwirkung bewusst sein. Durch die Induktion von CYP1A2 können die Melatoninspiegel sinken.

Unterschiedlich hohe Risiken

Sicherlich stellen nicht alle Wechselwirkungen ein zu berücksichtigendes Risiko für die Patient:innen dar, doch die Übersicht zeigt, dass CBD und Melatonin beratungsintensive Wirkstoffe sind, die durch Apotheker:innen und PTA verkauft werden sollten. Ohne Beratung und ohne Beachtung von Wechsel- und Nebenwirkungen kann die Einnahme der beiden Trendsubstanzen im Einzelfall riskant werden.

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