CatSper-Defekt: Spermium scheitert an Eihülle Katharina Brand, 05.01.2024 12:06 Uhr
Eine aktuelle Studie erkennt in „CatSper“ die Ursache für unerklärliche Unfruchtbarkeit bei Männern. Der Ionenkanal regelt bei Spermien den Kalziumgehalt. Wenn ein Defekt vorliegt, können Spermien die Eihülle nicht durchdringen und somit die Eizelle nicht befruchten. Ein Team der Universität Münster hat einen neuen Labortest entwickelt, der den Defekt erkennen kann. Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „The Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht.
Etwa jedes sechste Paar kann nicht auf natürliche Weise Kinder zeugen. Die Samenanalyse des Mannes zeigt mitunter jedoch keine Auffälligkeiten: Anzahl, Aussehen und Beweglichkeit der Spermien sind normal. Jedoch ist ohne eine genaue Diagnose keine zielführende Kinderwunschbehandlung möglich. Experten gehen davon aus, dass bei rund der Hälfte der Paare, die auf natürliche Weise keine Kinder zeugen können, das Problem beim Mann liegt.
CatSper: Schlüssel zur Befruchtung?
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Münster hat sich mit der Ursachenforschung beschäftigt. „Wir haben schon lange vermutet, dass CatSper eine Rolle dabei spielt“, erklärt Professor Dr. Timo Strünker vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie der Uni Münster, kurz CeRA.
Einige Jahre zuvor zeigte er mit seinem Kollegium, dass Spermien Botenstoffe erkennen, die von der Eizelle freigesetzt werden. Diese Botenstoffe aktivieren dann den CatSper-Ionenkanal. Dadurch strömt Kalzium in den Schwanz der Spermien, wodurch sich deren Schlagmuster ändert. Für die Forschenden liegt die Vermutung nahe, dass dies einen entscheidenden Faktor für die Befruchtung darstellt. Deshalb entwickelten sie den CatSper-Test, mit dem sie die Aktivität des Ionenkanals ermitteln können. Getestet wurden die Spermien von circa 2300 Männern.
Jeder hundertste Mann ist betroffen
Etwa jeder 100. unfruchtbare Mann mit normal erscheinendem Sperma hat einen Funktionsverlust des CatSper. Der Reproduktionsgenetiker Professor Dr. Frank Tüttelmann erklärt dazu: „Die häufigste Ursache sind genetische Veränderungen, die eine der Komponenten des Ionenkanals betreffen.“
CatSper verändert das Schlagmuster der Spermien. Diese Bewegung ist notwendig, um durch die feste Hülle der Eizelle zu gelangen. Daraus resultiert für die Forschenden: Die Insemination – das Einbringen der Spermien direkt in die Gebärmutter unmittelbar vor dem Eisprung – und eine In-vitro-Behandlung scheitern bei eine vorliegenden CatSper-Defekt. Der Grund: Beide Verfahren setzen voraus, dass die Spermien in der Lage sind, die Eizelle selbstständig zu befruchten. Für betroffene Männer sei nur die ICSI-Methode erfolgsversprechend. Dabei wird ein Spermium direkt in die Eizelle gespritzt.
„Unsere Studie ermöglicht, künftig eine CatSper-bedingte Unfruchtbarkeit frühzeitig zu erkennen und eine evidenzbasierte Auswahl der notwendigen Kinderwunschbehandlung zu treffen“, fasst Professor Dr. Sabine Kliesch, Chefärztin der Abteilung für Klinische und Operative Andrologie des CeRA, die Studienergebnisse zusammen. „Damit können wir für die Paare das medizinische Risiko minimieren und gleichzeitig die Erfolgsaussichten maximieren.“