Säuglingskoliken können schon kurz nach der Geburt auftreten und Kind und Eltern das Leben schwer machen. Bewährt haben sich Kümmelzäpfchen, doch das Produkt des Herstellers Wala kann neuerdings erst ab drei Monaten eingesetzt werden. Hintergrund ist eine Neubewertung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Wala hat drei verschiedene Suppositorien gegen Blähungen auf dem Markt, die jeweils Kümmel-Dickextrakt sowie in homöopathischen Dosen Atropa belladonna, Chamomillae radice und Nicotiana tabacum enthalten: „Carum Carvi Zäpfchen“ sind für Kinder ab sieben Jahren und Erwachsene zugelassen. „Carum carvi Kinderzäpfchen“ sind seit 2004 zugelassen und halb so stark konzentriert. Als drittes Produkt wurden 2017 die „Carum carvi comp. Säuglingszäpfchen“ mit noch einmal halbierter Wirkstoffstärke für Kinder unter einem Jahr auf den Markt gebracht.
Ursprünglich konnten die Kinderzäpfchen ab der Geburt bis zum Alter von sieben Jahren angewendet werden. Mit der Einführung der Variante für Säuglinge wurde die Altersgrenze auf ein Jahr angehoben. In der Folge hatte das BfArM jedoch das Nutzen-Risiko-Verhältnis für Säuglinge unter drei Monaten als ungünstig bewertet, sodass auch die Säuglingszäpfchen nun erst ab drei Monaten eingesetzt werden können.
Grund für die Einschränkung des Anwendungsalters ist die Neubeurteilung der Rezeptur. Entsprechend dem aktuellen Stand der pädiatrischen Wissenschaft – festgehalten etwa in den ärztlichen Leitlinien – gibt es genügend nicht-medikamentöse therapeutische Alternativen. Gemeint ist vor allem die pädagogische und verhaltenstherapeutische Beratung der Eltern, unter anderem in sogenannten Schreiambulanzen. Eine medikamentöse Therapie der Symptome der „frühen Regulationsstörung des Säuglings“, wie die Drei-Monats-Koliken heute genannt werden – sei daher nicht mehr indiziert.
Wala hofft noch auf eine Einigung mit dem BfArM, um das Anwendungsalter wieder erweitern zu können. Doch einstweilen fallen die Produkte als Option aus: Die Kinderzäpfchen konnten zwar früher nach Teilung auch im Säuglingsalter verwendet werden. Dies hat der Hersteller aber durch eine entsprechende Änderung der Gebrauchsinformation bei Einführung der Säuglingsvariante ausgeschlossen.
Konkurrent Infectopharm hat die Produktion bereits hochgefahren, um die Nachfrage bedienen zu können. Die Tochterfirma Pädia hatte 2017 Zäpfchen zur Linderung von Koliken und krampfartigen Beschwerden auf den Markt gebracht, die bereits ab Geburt eingesetzt und ein- bis zweimal täglich verabreicht werden können. Die Zäpfchen sind für Säuglinge und Kleinkinder erstattungsfähig.
Enthalten ist ausschließlich Kümmel als Urtinktur; der Hersteller verzichtet bewusst auf den Zusatz von Belladonna und Honig. Firmenchef Dr. Markus Rudolph geht daher auch nicht davon aus, dass sich die BfArM-Kritik auf alle Produkte übertragen lässt.
Schon in den vergangenen Monaten hatten Lieferprobleme bei Wala die Nachfrage bei Pädia steigen lassen. Der Trend könnte anhalten, denn von den rund 600.000 verkauften Packungen pro Jahr werden die meisten in den ersten Wochen nach der Geburt eingesetzt werden. Das Pendant von Weleda kann erst ab einem Jahr angewendet werden oder muss der Länge nach geteilt werden.
Koliken können verschiedene Ursachen haben: Neben dem im Aufbau befindlichen unreifen Darm des Neugeborenen, können auch der mütterliche Stoffwechsel und die Ernährung während der Stillzeit sowie Unruhe eine Rolle spielen. Dem wässrigen Kümmelauszug werden blähungstreibende Eigenschaften zugesprochen. Tabak und Tollkirsche können in potenzierter Form die Darmmuskulatur entkrampfen. Kamille kann eine beruhigende Wirkung auf den Darm ausüben und den Schlaf fördern.
In der Apotheke stehen neben Zäpfchen auch Lösungen zur innerlichen oder Öle und Cremes zur äußerlichen Anwendung zur Verfügung. Sab Simplex (Pfizer) oder Lefax Pumpliquid (Bayer) enthalten den Entschäumer Simeticon. Das Silikon senkt die Oberflächenspannung und besitzt eine schaumzerstörende und schaumverhütende Wirkung, da Flüssigkeit aus der Schaumlamelle abgezogen wird. Vorhandene Schäume zerfallen, das freigesetzte Gas kann resorbiert oder rektal ausgeschieden werden. Eltern können die Flüssigkeit in das Fläschchen geben oder direkt auf einem Teelöffel vor den Stillen verabreichen.
Babybäuchleinöle oder Windsalbe können äußerlich angewendet werden. Mit einer sanften Massage werden die Blähungen einfach weggestrichen. Dazu wird das Produkt in kreisenden Bewegungen aufgetragen, anschließend wird sanft vom Magen nach unten über den Bauch gestrichen.
Vor allem Kaiserschnittkinder können unter Blähungen leiden, da ihnen die über den natürlichen Geburtskanal mitgegebenen E. coli fehlen. Daher wird für diese Kinder Mutaflor Suspension (E. coli, Ardeypharm) zur Kolonisationsprophylaxe empfohlen. Im Anschluss können andere Darmbakterien wie Bigaia (Lactobacillus reuteri, Pädia) gegeben werden. Ebenfalls im Handel sind OmniBiotic Panda (Allergosan) oder Arktibiotic Start (Arktis).
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