Plusminus

Carmustin: 1400 statt 35 Euro

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Berlin -

Mondpreise und die Kasse zahlt: Für die Patienten geht es um Leben und Tod, für das Unternehmen um maximalen Profit und die Politik schaut weg. Das Erste zeigte nun, wie im Fall Carmustin mit der Gesundheit unendlich Geld verdient wird.

Carmustin ist ein antineoplastisch wirksames Nitrosoharnstoff-Derivat mit zytostatischen Eigenschaften. Der Arzneistoff zählt zu den Alkylanzien und wird unter anderen zur Behandlung von fortgeschrittenem Lymphknotenkrebs angewendet. Leukämiepatienten, die eine Transplantation mit Blutstammzellen erhalten, werden vorab mit Carmustin als lebensrettendem Therapiebaustein behandelt.

Doch der Nutzen des Medikamentes wird von der Preispolitik des Herstellers überschattet. Carmustin ist ein seit vielen Jahren eingesetzter Wirkstoff. 2013 hatte Bristol-Myers Squibb die Zulassung an das indische Unternehmen Emcure Pharmaceuticals verkauft. Nur ein Jahr später wurde das Arzneimittel vom deutschen Markt genommen und der Preis stieg. Carmustin ist seither weiterhin als Import verfügbar, in der Zwischenzeit wechselten die Importeure. Zuständig ist aktuell Tillomed Pharma.

Zum 1. Januar stieg der Preis für Carmustin 100 mg von 466 Euro auf 1400 Euro. Dies entspricht einer Steigerung um das Dreifache. 2013 kostete der Arzneistoff noch 35 Euro – heute werden 40-Mal so viel fällig. Plusminus wollte wissen, wie Emcure die Preissteigerung begründet. Das Unternehmen teilte mit, in Forschung und Entwicklung investiert zu haben. Außerdem seien die Herstellungskosten gestiegen und die Distribution an den Patienten teurer als zuvor. Plusminus hält dagegen: „Dabei handelt es sich um ein vor vielen Jahren eingeführtes Medikament, das keine Ausgaben für Forschung und Entwicklung mehr einspielen muss. Auch die Herstellung gilt als nicht besonders kompliziert.“

Und die Kasse zahlt. Emcure kann jeden Preis verlangen, denn das bis 2022 gesetzlich geregelte Preismoratorium gilt nicht für den indischen Import. Kurzum: Das Alt-Arzneimittel fällt nicht unter die deutsche Preisbindung. Generika gibt es nicht und so könne Emcure das Marktmonopol nutzen, um aus dem Geschäft mit Carmustin den maximalen Profit zu erzielen.

Der SPD-Fraktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach spricht im Beitrag von „Gier“. Emcure würde die Not der Krebspatienten ausnutzen, dies sei „komplett unethisch“. Auch Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel der Techniker Krankenkasse, kommt zu Wort. Aus seiner Sicht sollte es keine „Mondpreise“ geben. Unternehmen dürften nicht mit dem Faktor Gesundheit unendlich viel Geld verdienen.

Die Politik ist also gefragt, doch der Gesundheitsminister äußert sich nicht. Jens Spahn (CDU) lehnt laut Plusminus ein Interview ohne Begründung ab. Der Minister interessiere sich nicht für das Problem, schlussfolgert Plusminus. Die Folge: Ärzte setzten auf Alternativen, deren Studienlage nicht so solide sei.

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