Cablivi: Erste spezifische Therapie bei aTTP APOTHEKE ADHOC, 25.01.2019 10:57 Uhr
Cablivi (Caplacizumab, Sanofi) hat im August 2018 als erste spezifische Therapie der erworbenen thrombotischen thrombozytopenischen Purpura (aTTP) die EU-Zulassung erhalten. Am 9. November wurden die Ergebnisse der Zulassungsstudie Hercules im „New England Journal of Medicine“ (NEJM) veröffentlicht. Die Daten belegen Wirksamkeit und Sicherheit des Nanobodys im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie.
Die aTTP ist eine lebensbedrohliche immunvermittelte Blutgerinnungsstörung, die durch eine starke Gerinnselbildung in den kleinen Blutgefäßen des gesamten Körpers gekennzeichnet ist. Drei bis sieben Patienten auf eine Million Menschen erkranken. Die seltene Erkrankung tritt akut auf und ist von lebensbedrohlichen Episoden gekennzeichnet, die für bis zu 20 Prozent der Betroffenen tödlich enden. Die Folgen einer aTTP können schwere Thrombozytopenie, Ischämie und Organschäden – insbesondere von Herz und Gehirn – sein. Die Standardtherapie bestand bislang aus Immunsuppression und täglichem Plasmaaustausch. Cablivi hat Ende August die EU-Zulassung als Ergänzung zur Standardtherapie bei Erwachsenen mit einer aTTP-Episode erhalten.
Der Nanobody wird als intravenöse Injektion zu 10 mg Caplacizumab vor der Plasmapherese verabreicht. Zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkung unter Cablivi zählen Blutungen. Die Ergebnisse der Hercules-Studie zeigen jedoch, dass das Sicherheitsprofil von Cablivi mit seinem Wirkmechanismus – darunter fiel ein erhöhtes Blutungsrisiko – im Einklang steht.
Hercules ist eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie mit 145 aTTP-Patienten. Die Teilnehmer wurden entweder mit Caplacizumab (72) oder Placebo (73) in Kombination mit der Standardbehandlung bestehend aus Plasmaaustausch und Immunsuppression behandelt. Caplacizumab hemmt die Interaktion von Thrombozyten und von-Willebrand-Faktor (vWF). Der humanisierte bivalente Nanokörper unterbindet sogenannte Mikrothromben, das sind durch von-Willebrand-Faktor vermittelte Plättchenadhäsionen, die für die aTTP charakteristisch sind. Der Arzneistoff vermag die Zahl der Thrombozyten, die Rezidivrate oder auch die Dauer von Krankenhausaufenthalten zu reduzieren. Gleichzeitig werden der Faktor-VIII-Spiegel reduziert und der Gesamt-vWF-Antigenspiegel verringert.
Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Behandlung mit Caplacizumab zusätzlich zur Standardtherapie gegenüber Placebo plus Standardtherapie:
- Caplacizumab reduzierte signifikant die Zeit bis zur Normalisierung der Thrombotyzenzahl bei einer 55 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für ein Ansprechen der Thrombozytenzahl
- 74 Prozent weniger Probanden erlitten ein aTTP-Rezidiv, schwerwiegende thromboembolische Ereignisse oder aTTP-bedingte Todesfälle
- signifikant weniger aTTP-rezidive, Reduktion um 67 Prozent
- kein Patient wurde therapierefraktär
- drei Marker für Organschäden – Lactathydrogenase, kardiales Troponin I und Serumkreatin – normalisierten sich unter Verum schneller
- klinisch signifikante Reduktion der Anzahl der Plasmaaustausche unter Cablivi (38 Prozent über eine Zeitraum von 5,8 Tagen).
Caplacizumab ist der erste Nanobody aus dem Hause Sanofi und wurde von Ablynx entwickelt. Die Bildung der Mikrothromben – eine unkontrollierte Bindung von Thrombozyten an ultralange vWF-Multimere (ULvWF) – kann auf eine Autoimmunreaktion gegen das Enzym ADAMTS13 zurückgeführt werden, die deren Spaltung verhindert. Cablivi unterbindet die Interaktion zwischen ULvWF und Thrombozyten, die Bildung der Mikrothromben bleibt aus.
Die Zulassung in den USA steht noch aus. Eine Entscheidung der US-Arzneimittelbehörde FDA wird für den 6. Februar erwartet.