Budesonid-Magengel

Therapieerfolg dank Apotheken-Rezeptur

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Berlin -

Salben, Kapseln, Suppositorien: Der Bereich Rezeptur beschränkt sich in vielen Apotheken auf einige Standards, die vom Arzt im Haus meist seit Jahren verschrieben werden. Dass man auch erfolgreich neue Wege gehen kann, zeigt regelmäßig der Münchener Apotheker Dr. Berthold Pohl. Jetzt hat er gemeinsam mit einem Arzt ein Suspensionsgel entwickelt, das erfolgreich bei einer seltenen Erkrankung eingesetzt wurde. Der Fall ist komplett dokumentiert und wird gerade der Fachöffentlichkeit vorgestellt.

Im Februar stellte sich bei dem Münchner Gastroenterologen Dr. Winfried Schatke ein 22-jähriger Patient vor, dessen Helicobacter-positive Gastritis sich trotz Therapie nicht ausreichend verbesserte. Histologische Untersuchungen zeigten Kollagenablagerungen, die auf eine kollagene Gastritis hinwiesen.

Bei dieser Form der Schleimhautentzündung lagern sich Kollagene unter dem Epithel der Magenschleimhaut ab, die dortige Kollagenschicht wird dicker und bildet eine Art Band. Es kommt zu Blutungen, histologisch sind vermehrt Leukozyten nachweisbar. Zu den typischen Symptomen zählen wässrige Durchfälle, Schmerzen im Oberbauch sowie Gewichtsabnahme und Eisenmangelanämie.

Die Erkrankung ist sehr selten, seit 1989 sind etwas mehr als 160 Einzelfallberichte bei Kindern und jungen Erwachsenen sowie – unter Beteiligung des Dickdarms – bei Patienten im höheren Alter dokumentiert. Die Ursache ist unbekannt, eine allgemein empfohlene Therapie gibt es nicht. Bei einem Patienten wurde 2009 eine Verbesserung der Symptomatik durch systemische Verabreichung von Cortison erzielt; ein Kind konnte 2013 erfolgreich mit in Fischöl gelöstem Budesonid behandelt werden.

Der Münchener Internist entschied sich für eine Behandlung mit Steroiden; ihn überzeugte der lokale Ansatz im Magen. Budesonid wird bereits bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt: als Rektalschaum oder als magensaftresistente Kapseln oder Granulat bei Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa. Das Glucocorticoid wirkt aufgrund des hohen First-pass-Effekts nur lokal, ist aber auch schlecht löslich. Eine Galenik musste her, die eine genaue Dosierung und eine ausreichende Verweildauer des Wirkstoffs im Magen gewährleisten konnte.

Schatke wandte sich an Dr. Berthold Pohl, Inhaber der Max-Weber-Platz-Apotheke. Gemeinsam entwickelten sie ein Gel, dass viskos genug sein sollte um die Magenschleimhaut damit zu überziehen: Mikronisiertes Budesonid wurde in Hydroxyethylcellulose suspendiert und mit Citronensäure auf einen pH-Wert zwischen 4 und 5 korrigiert und konserviert. Eine Einwaagekorrektur könne möglich sein, so Pohl.

Das geringviskose Gel wurde in eine Weithalsflasche abgefüllt und mittels Aufziehspritze dosiert. Da keine Stabilitätsdaten vorliegen, wurde die Haltbarkeit der wässrigen Lösung auf vier Wochen festgesetzt. Bei der Dosierung orientierten sich Apotheker und Gastroenterologe an den existierenden Fertigarzneimitteln.

Die Beschwerden des Patienten besserten sich kurze Zeit nach der Einnahme von dreimal täglich 3 mg Budesonid. Nach vierwöchiger Therapie gab es keine Blutungen mehr, die Entzündungen und die Kollagenablagerungen waren nur noch vereinzelt histologisch nachweisbar, berichtet Schatke. Daher sollte Budesonid nach achtwöchiger Therapie innerhalb von 14 Tagen ausgeschlichen werden, fasst der Gastroenterologe seine Erfahrungswerte zusammen.

Laut Pohl konnte die Erkrankungen mit einer Rezeptur therapiert werden, die mit 30 Euro vergleichsweise preiswert war. Der Apotheker ist stolz, gemeinsam mit dem Arzt den ersten Fall eines Patienten vorstellen zu können, der komplett histologisch dokumentiert ist und erfolgreich behandelt wurde. Die Ergebnisse sollen nun im „Journal of Gastroenterology“ publiziert werden. Interesse der Industrie gibt es auch bereits: Ende September will sich ein Hersteller mit Arzt und Apotheker treffen, um über deren Erfahrungen mit der Rezeptur zu sprechen.

Andere Gastritiden sind autoimmun bedingt (Typ A) oder bakteriell meist durch Helicobacter pylori (Typ B). Auch verstärkter Reflux beziehungsweise Medikamente (Typ C) kommen infrage. Unter Typ D werden alle Sonderformen zusammengefasst, so auch die kollagene Gastritis.

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