Rote-Hand-Brief

Brivudin: Wartezeit zu Fluoropyrimidinen einhalten APOTHEKE ADHOC, 12.05.2020 13:45 Uhr

Vierwöchiger Abstand ist Pflicht: Bei der gemeinsamen Anwendung von Fluoropyrimidinen und Brivudin kann es zu tödlichen Wechselwirkungen kommen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) informiert in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und den Zulassungsinhabern brivudinhaltiger Arzneimittel mittels Rote-Hand-Brief über das Risiko potenziell tödlicher Toxizität bei der gemeinsamen Anwendung mit Fluoropyrimidinen.

Bei der gemeinsamen Anwendung von Fluoropyrimidinen wie Fluorouracil (5-FU), Capecitabin, Tegafur, Flucytosin mit dem Wirkstoff Brivudin – auf dem Markt als Zostex 125 mg Tabletten von Berlin Chemie, Brivudin Aristo 125 mg Tabletten und ZosterGalen 125 mg Tabletten – kann es aufgrund schwerwiegender Wechselwirkungen zu Todesfällen kommen.

Um diese zu vermeiden, muss nach Abschluss einer Behandlung mit Brivudin eine mindestens vierwöchige Wartezeit eingehalten werden, bevor die Behandlung mit einem Fluoropyrimidin begonnen werden kann. Viele dokumentierte Todesfälle traten auf, wenn dieser Zeitraum nicht eingehalten wurde, beispielsweise wenn Brivudin zwischen zwei 5-FU-Zyklen eingenommen wurde.

Maßnahmen zur Risikominimierung

Um diese Einhaltung sicherzustellen, werden sowohl Fach- und Gebrauchsinformation wie auch die Beschriftung des Umkartons überarbeitet, um noch stärker auf die Einhaltung des 4-Wochen-Intervalls zwischen der Behandlung mit Brivudin und Fluoropyrimidinen hinzuweisen. Zudem wird jeder Packung eine Patientenkarte beigefügt, die die wichtigsten Informationen für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe enthält. Diese Patientenkarte soll bis mindestens vier Wochen nach dem Ende der Brivudin-Therapie zu jedem Arzttermin mitgenommen werden und in der Apotheke vorgezeigt werden, bevor ein Arzneimittel ausgehändigt wird. Für die verordnenden Ärzte wird außerdem eine Checkliste bereitgestellt, die zur Unterstützung der Eignung des Patienten für eine Brivudin-Behandlung dienen soll.

Wirkstoffprofil: Brivudin

Der Wirkstoff Brivudin gehört zur Gruppe der Nukleosidanaloga. Er wird zur Behandlung der Gürtelrose bei Erwachsenen mit gesundem Immunsystem eingesetzt. Im Vergleich zu Aciclovir, Famciclovir oder Valaciclovir wirkt Brivudin deutlich stärker. Bei er Substanz handelt es sich um ein Prodrug, welches erst in den mit Varicella-Zoster-Viren infizierten Zellen in seine aktive Form – das Triphosphat – umgewandelt wird. Daher kommt es nur bei Vorliegen von infizierten Zellen zur Aktivierung. Das Triphosphat hemmt schließlich die DNA-Polymerase der Viren und schädigt so das Erbgut, wodurch die Gürtelrose abklingt.

Brivudin hemmt über seinen Hauptmetaboliten Bromovinyluracil (BVU) außerdem die Dihydropyrimidindehydrogenase (DPD) – ein Enzym, das pyrimidinbasierte Arzneimittel wie Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur und Flucytosin verstoffwechselt. Die Hemmung führt zu einem erhöhten Level von Fluoropyrimidinen. Diese Wechselwirkung, die die Fluoropyrimidin-Toxizität erhöht, ist potenziell tödlich.

Brivudin ist daher kontraindiziert bei:

  • Patienten, die kürzlich eine Krebs-Chemotherapie erhalten haben, derzeit erhalten oder innerhalb von vier Wochen erhalten sollen mit Arzneimitteln, die Fluorouracil enthalten, einschließlich seiner topischen Präparate, seiner Prodrugs (z. B. Capecitabin, Tegafur) und Kombinationspräparate, die einen dieser Wirkstoffe oder andere Fluoropyrimidine enthalten
  • Patienten, die vor kurzem eine antifungale Therapie mit Flucytosin erhalten haben oder derzeit erhalten, da eine kleine Menge von Flucytosin in Fluorouracil umgewandelt wird
  • immungeschwächten Patienten, wie z. B. solchen, die kürzlich eine Krebs-Chemotherapie erhalten haben oder derzeit erhalten, oder Patienten, die unter immunsuppressiver Therapie stehen