Briviact: UCB gewinnt Preispoker Nadine Tröbitscher, 10.05.2017 09:08 Uhr
Im November hatte UCB sein Antiepileptikum Briviact (Brivaracetam) „außer Vertrieb“ gesetzt, da der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Arzneimittel zuvor keinen Zusatznutzen zugesprochen hatte. Den Poker mit dem GKV-Spitzenverband um den Erstattungspreis konnte der belgische Hersteller für sich entscheiden. Briviact bleibt.
Trotz der negativen Bewertung zeigte man sich bei UCB von Beginn an zuversichtlich, „die Preisverhandlung erfolgreich zu führen und Briviact für Epilepsiepatienten in Deutschland auch weiterhin verfügbar zu halten“. Die positive Haltung wurde bestätigt und die Verhandlungen um den Erstattungspreis mit der GKV erfolgreich abgeschlossen. Somit kann der Status „außer Vertrieb“ wieder zurückgenommen werden.
Briviact bekommt nun eine neue Chance als Therapieoption zur Zusatzbehandlung fokaler Epilepsieanfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren. Das Arzneimittel kann somit uneingeschränkt im zugelassenen Indikationsbereich verordnet werden. Es ist das erste Mal, dass ein Antiepileptikum seit Beginn der Nutzenbewertung einen Erstattungsbetrag bekommen hat. Beispiele für Produkte, die vom Markt genommen wurden, sind Trobalt (Retigabin) – das mittlerweile allerdings weltweit vom Markt genommen wurde – und Fycompa (Perampanel).
Fokale Anfälle beginnen auf einer Hirnseite und können sich dann auf beide Seiten ausbreiten. Briviact galt als Nachfolger für Levetiracetam, da in beiden Fällen eine Bindung an das synaptische Vesikelprotein 2A erfolgt, wobei Brivaracetam mit höherer Affinität bindet.
Der G-BA bemängelte die vom Hersteller eingereichten Studien. Im Mai 2016 war der Wirkstoff bei der Bewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) durchgefallen. Der indirekte Vergleich der 15 vorgelegten Untersuchungen bezog sich lediglich auf die Wirkstoffe Eslicarbazepin und Lacosamid. UCB ging nicht auf die vom G-BA geforderten zehn Wirkstoffe ein, die zur Zusatztherapie eingesetzt werden, und kassierte eine Ablehnung.
Hätten sich UCB und der GKV-Spitzenverband nicht geeinigt, wäre Briviact nur noch als Einzelimport zu beziehen gewesen. Der Hersteller war vorbereitet, denn ein Arzneimittel muss ein halbes Jahr außer Vertrieb sein, bevor es tatsächlich formal vom Markt genommen werden darf.
UCB erreichte 2016 ein Umsatzvolumen von 4,2 Milliarden Euro und beschäftigt mehr als 7500 Mitarbeiter in rund 40 Ländern. Seit über 20 Jahren hat das Unternehmen Erfahrung in der Erforschung und Entwicklung von Antiepileptika.