BoxaGrippal / DuoGrippal / SpaltGrippal Patrick Hollstein, 08.09.2014 10:12 Uhr
Der kommende Winter wird spannend in den Apotheken. Zahlreiche Hersteller bringen neue Produkte auf den Markt, andere brauchen einen zweiten Anlauf, nachdem die Viren sie zuletzt im Stich ließen. Boehringer Ingelheim wird noch einmal richtig Gas geben, um BoxaGrippal als Alternative zu Grippostad C (Stada) und Aspirin complex (Bayer) zu platzieren. Parallel bringen Wick und Pfizer weitere Konkurrenzprodukte in die Apotheken.
Boehringer hatte BoxaGrippal im vergangenen Sommer in die Offizin gebracht und massiv in die Werbung investiert. Nach Nielsen-Zahlen summierten sich die Bruttospendings alleine bis zum Jahresende auf knapp 17 Millionen Euro, der größte Teil entfiel auf die TV-Spots.
Weil die Erkältungswelle aber ausblieb, standen im selben Zeitraum auf der anderen Seite nur Gesamterlöse von 5 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP). Dass die Saison am Ende durchweg außergewöhnlich mild verlief, machte Boehringer endgültig einen Strich durch die Rechnung.
Ende Juli hatte BoxaGrippal einen Marktanteil von 3 Prozent, das entspricht knapp 600.000 verkauften Packungen in den ersten sieben Monaten. Zum Vergleich: Grippostad kommt auf 3,3 Millionen Packungen und einen Marktanteil von 17 Prozent (Vorjahr: 19 Prozent), Aspirin complex auf 2,6 Millionen Packungen und 14 Prozent (15 Prozent). Wick Medinait lag mit 1,6 Millionen Packungen bei einem Marktanteil auf Vorjahresniveau von 8 Prozent.
Obwohl der Newcomer deutlich hinter den Erwartungen blieb, mussten auch die Platzhirsche Federn lassen – vor allem auf der Ausgabenseite: Stada beispielsweise sah sich angesichts der neuen Konkurrenz gezwungen, seinen Pinguin schon im August auf Sendung zu schicken; normalerweise beginnt die Grippostad-Kampagne erst im Herbst. Entsprechend explodierten die Werbeausgaben 2013 im Vergleich zum Vorjahr von 9 auf 22 Millionen Euro.
Die neue Saison könnte erneut schmerzlich für die Hersteller werden. Nicht nur Boehringer wird noch einmal von vorne anfangen und in die Werbung investieren. Parallel bringt Procter & Gamble (P&G) unter der Dachmarke Wick ein neues Produkt mit dem Namen DuoGrippal auf den Markt. Wie beim Vorbild aus Ingelheim enthalten die Filmtabletten 200 mg Ibuprofen und 30 mg Pseudoephedrin.
Parallel legt Pfizer SpaltGrippal auf. Der US-Konzern hat die Kombination in Frankreich unter dem Namen Rhinadvil bereits seit den 1990er Jahren auf dem Markt. In Deutschland sollte das Produkt ursprünglich Spalt Effekt oder Spalt dual heißen, doch am Ende überzeugte offenbar die Marke des Konkurrenzprodukts.
Womöglich ziehen demnächst weitere Hersteller nach. Reckitt Benckiser hat etwa unter der Marke Nurofen cold and flu in Großbritannien bereits eine entsprechende Kombination auf dem Markt. Hexal wiederum steht mit einem Granulat bereit: GrippHexal soll wie Aspirin complex 500 mg ASS und 30 mg Pseudoephedrin enthalten. Novartis setzt mit seinem Heißgetränk Theraflu auf die Kombination aus 500 mg Paracetamol und 30 mg Pseudoephedrin.
Dabei hatte es noch vor einigen Jahren so ausgesehen, als ob Pseudoephedrin wegen seines Missbrauchspotenzials früher oder später komplett aus der Sichtwahl verschwinden würde: Im Mai 2011 wurden Arzneimittel, die insgesamt mehr als 720 mg des Sympathomimetikums enthalten, der Verschreibungspflicht unterstellt. Ein Jahr gab der zuständige Sachverständigenausschuss jedoch die Kombination von bis zu 180 mg Pseudoephedrin und 1200 mg Ibuprofen pro Packung frei.