Bluttest erkennt Demenz-Protein Deniz Cicek-Görkem, 02.02.2018 09:35 Uhr
Japanische Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit australischen Kollegen einen Bluttest entwickelt, der einen hohen Amyloid-β-Gehalt im Gehirn identifiziert. Die im Fachjournal „Nature“ veröffentlichten Forschungsergebnisse könnten künftig bei der Suche nach Therapien helfen, die das Fortschreiten der Demenz stoppen.
Derzeit wird angenommen, dass Amyloid-β eine Schlüsselrolle bei der Krankheit spielt und entweder eine Demenz verursacht oder ein Symptom dafür sein kann. Bislang konnte das Protein im Gehirn nur mittels Positronen-Emissions-Tomographie oder Messung der Proteinkonzentration direkt in der Rückenmarksflüssigkeit identifiziert.
Forscher um Assistenzprofessor Dr. Katsuhiko Yanagisawa berichten nun von der Entwicklung eines Biomarkers, der hohe Konzentrationen des Amyloids erkennt. Einen solchen Test suchten Wissenschaftler weltweit seit 15 Jahren. Yanagisawa ist Mikrobiologe und forscht in Obu (Japan) zu neuen Therapieansätzen in der Behandlung der Demenz.
Um die Konzentration der verschiedenen Amyloid-β-Fragmente in Blutproben zu messen, nutzten die Forscher die beiden Methoden der Immunpräzipitation und Massenspektroskopie. Ihre Ergebnisse stimmten mit denen überein, die durch bildgebende Verfahren und die Analyse der Rückenmarksflüssigkeit in zwei getrennten Kohorten erzielt wurden. Bei diesen Untersuchungen nahmen 121 Menschen in Japan und 252 Menschen in Australien im Alter von 60 bis 90 Jahren teil. Einige der Studienteilnehmer waren gesund, einige zeigten eine leichte Beeinträchtigung ihrer kognitiven Fähigkeiten und einige litten an Alzheimer.
Die Autoren schreiben, dass größere und längerfristige Studien benötigt werden um zu bestätigen, wie genau der Bluttest bei der Identifizierung hoher Amyloid-β-Gehalte in menschlichen Gehirnen ist. Im besten Fall könnte der Test die Rekrutierung für klinische Studien erleichtern, weil er relativ einfach und kostengünstig sei: Die Forscher hoffen, dass Wirkstoff-Entwickler den Test verwenden können, um Menschen mit Demenz für die Forschung zu rekrutieren, bevor irreversible Schäden an ihren Gehirnen aufgetreten sind. Dadurch könnten die Versuche zuverlässiger werden, so die Forscher.
Alle Arzneimittelkandidaten, die die Alzheimer-Krankheit stoppen sollen, sind bisher in klinischen Studien gescheitert, beispielsweise sollte der Wirkstoff Solanezumab den Gedächtnisabbau verlangsamen. Der Anti-Amyloid-β-Antikörper sollte als Neuroprotektor für Patienten mit Alzheimer-Erkrankung dienen. Aus präklinischen Untersuchungen war bekannt, dass der Arzneistoff an β-Amyloide bindet, die im Gehirn Plaques bilden und die ersten Anzeichen für die Erkrankung darstellen. Werden freie Amyloide gebunden, wird deren Entfernung durch das Immunsystem veranlasst und es können sich keine Eiweißablagerungen bilden. Der US-Pharmakonzern Eli Lilly hatte jedoch Ende 2016 ein negatives Ergebnis der Studie vermeldet.
Viele Pharmaunternehmen haben zudem die Forschung in diesem Bereich aufgegeben, zuletzt hatte Pfizer Anfang des Jahres den Ausstieg aus dem Bereich bekannt gemacht. Wissenschaftler vermuten, dass nicht die Medikamente das Problem sein könnten, sondern das Studiendesign. Denn bis jetzt gebe es keinen zuverlässigen Weg, um Menschen im frühen Stadium der Demenz zu identifizieren. Für die meisten klinischen Studien würden Menschen rekrutiert, deren klinische Symptome bereits offensichtlich sind. „An diesem Punkt ist bereits eine Gehirnschädigung in Verbindung mit Amyloid-β aufgetreten, und es könnte zu spät sein, es umzukehren“, sagt Yanagisawa.