Blutegel sind Arzneimittel und fallen damit unter das Arzneimittelgesetz (AMG). Dies gilt auch für Tiere aus ausländischen Wildbeständen, die erst nach Aufbereitung im Inland ihre zweckmäßige Bestimmung als medizinisches Produkt erhalten. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.
Das Gericht wies eine Klage der Firma Animalpharma ab. Das Unternehmen aus dem bayerischen Altendorf vertreibt seit 30 Jahren Blutegel zu medizinischen Zwecken. Der Großteil der Tiere wird dabei aus der Türkei importiert.
2008 hatte Animalpharma gegen einen Bescheid der Zentralen Arzneimittelüberwachung Bayern geklagt, nach dem das Unternehmen eine Einfuhrerlaubnis und ein Einfuhrzertifikat benötigt. Aus Sicht der Firma sind die importierten Blutegel noch keine Arzneimittel, da sie nach der Einfuhr einen Quarantäne- und mikrobiellen Überwachungsprozess durchlaufen müssen.
Ein bloßes Sammeln im Herkunftsland mache aus Blutegeln längst keine Arzneimittel, zumal nicht alle importierten Wildegel ausschließlich Verwendung in der Human- und Tiermedizin fänden. Die Hälfte der eingeführten Ware wird laut Angaben des Herstellers zu Fisch- und Angelködern weiterverarbeitet.
Das Verwaltungsgericht Bayern gab in erster Instanz der Feststellungsklage statt: Wild gefangene Blutegel fallen demnach nicht unter das Arzneimittelgesetz, da sie erst nach einem Herstellungsprozess ihre Bestimmung zu medizinischen Zwecken erhielten.
Zu einem anderen Urteil kam die Nachinstanz: Bei Blutegeln handle es sich von Anfang an eindeutig um Arzneimittel, da eine pharmakologische Wirkung nachgewiesen und von einer gerinnungs- und entzündungshemmenden auszugehen sei.
Für die Einfuhr von Arzneimitteln und Wirkstoffen greifen laut Arzneimittelgesetz (AMG) besondere Regelungen: So muss beispielsweise ein Qualitätszertifikat von einer Behörde des Herstellungslandes vorliegen, das bestätigt, dass die Arzneimittel oder Wirkstoffe nach EU-Standards hergestellt wurden und dass die Betriebsstätte regelmäßig inspiziert wird. Liegen entsprechende Zertifikate nicht vor, ist die jeweilige inländische Arzneimittelbehörde dafür zuständig.
Im Falle der Blutegel aus der Türkei, rätselt die Animalpharma-Chefin Angela Hemmerlein, wie die deutschen Behörden prüfen werden. Noch sei nicht klar, ob nur mit einer einmaligen Inspektion im Herkunftsland zu rechnen sei oder ob die Blutegel vor jeder Ausfuhr unter die Lupe genommen werden. Wie hoch die Kosten für Animalpharma ausfallen werden, sei noch nicht ersichtlich so Hemmerlein. In anderen EU-Ländern zählen Blutegel nicht zu den Fertigarzneimitteln. Ob Animalpharma und andere betroffene Hersteller weiterklagen werden, dazu wollte sich Hemmerlein nicht äußern.
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