Nach jahrelangen Vorbereitungen ist seit heute das erste Insulin-Biosimilar auf dem Markt: Lilly und Boehringer Ingelheim haben mit Abasaglar ein Konkurrenzprodukt zu Lantus im Sortiment. Die Hersteller haben bereits Verträge mit den meisten Kassen geschlossen, sodass das Präparat verordnet und abgeben werden kann.
Abasaglar enthält Insulin glargin in identischer Aminosäuresequenz wie im Referenzarzneimittel Lantus. Studien zeigen entsprechend vergleichbare pharmakokinetische und pharmakodynamische Profile sowie eine vergleichbare Wirksamkeit, Verträglichkeit und Dosierung.
In beiden Fällen wird der Wirkstoff gentechnisch in E. Coli hergestellt. Der Listenpreis von Abasaglar liegt 10 beziehungsweise 20 Euro unter dem Original – spielt aber in der realen Welt keine Rolle: Denn laut Arzneimittelrichtlinie dürfen Insulinanaloga mangels Zusatznutzen nicht teurer sein als Humaninsuline. Sanofi hatte ab 2009 Verträge mit zahlreichen Kassen geschlossen; entsprechend haben auch Lilly und Boehringer bereits im Vorfeld Gespräche geführt. Vereinbarungen gibt es einer Lilly-Sprecherin zufolge mit 80 Prozent der Kassen.
Wie Lantus ist Abasaglar zugelassen zur Behandlung von Diabetes Typ I oder II bei Patienten ab zwei Jahren. Während das Original als Zylinderampulle und Solostar-Fertigpen erhältlich ist, nutzen Boehringer und Lilly den Kwikpen und den wiederverwendbaren Humapen Savvio.
Mit 1,8 Millionen Verordnungen im Wert von 200 Millionen Euro liegt Lantus laut Arzneiverordnungsreport 2014 auf Rang 50 unter den am häufigsten zu Lasten der Kassen abgerechneten Arzneimitteln. Mit 116 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) war Lantus das am häufigsten verordnete Insulin überhaupt, vor Novorapid (105 Millionen DDD) und Actrapid (98 Millionen DDD).
Insgesamt kommen kurzwirkende Humaninsuline auf 191 Millionen DDD, Verzögerungsinsuline auf 104 Millionen DDD und Mischinsuline auf 97 Millionen DDD. Kurzwirkende Insulinanaloga summieren sich auf 272 Millionen DDD, langwirkende Analago auf 178 Millionen DDD.
Boehringer und Lilly arbeiten in der Indikation Diabetes seit 2011 zusammen. Lilly hatte Abasaglar entwickelt und mit in die Ehe gebracht. Zum Portfolio von Lilly gehören derzeit unter anderem Humalog (Insulin lispro) und Trulicity (Dulaglutid). Das Patent für Lantus war im Februar abgelaufen. Das im Jahr 2000 Insulin war mit einem Umsatz von 5,7 Milliarden Euro das wichtigste Produkt für Sanofi.
Biosimilars gibt es bereits für Epoetin, Filgrastim, Somatotropin, Infliximab und Folitropin. Je nach Wirkstoff liegt der Marktanteil zwischen 12 (Somatotropin) und 70 (Filgrastim) Prozent. Pro Generika kritisiert die Ausschreibungen in diesem Bereich, die eine Etablierung am Markt verhinderten.
Eine Arbeitsgruppe innerhalb des Verbands will sich auf das Thema fokussieren. „Pro Biosimilars“ gehören die Hersteller Sandoz/Hexal, Hospira, Mylan, Stada und Teva/Ratiopharm an. Mitmachen darf, wer in Deutschland Biosimilars entwickelt, herstellt oder auf den Markt bringt.
Pro Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer hatte schon Anfang des Jahres 2015 als „Jahr des Paradigmenwechsels bei den Patentabläufen in Deutschland“ ausgerufen. Erstmals liefen viel mehr Patente bei den Biopharmazeutika ab als bei „klassischen“ Arzneimitteln. In diesem Jahr laufe der Patentschutz für Biopharmazeutika in einem Volumen von 1,34 Milliarden Euro aus, so Bretthauer.
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