Biosimilar-Austausch: Apotheken sollen Zulassung prüfen Patrick Hollstein, 17.11.2023 10:02 Uhr
Apotheken sollen bei der Herstellung von Parenteralia künftig auf preisgünstige Biosimilars ausweichen, so hat es der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Juni beschlossen. Nachdem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Formulierung beanstandet hat, wurde der Beschluss nun noch einmal angepasst – und erneut zur Prüfung vorgelegt. Apotheken sollen nach Inkrafttreten austauschen, auch wenn die Wirkstoffe laut Definition nicht identisch, sondern nur ähnlich sind. Dafür müssen sie die Zulassungen überprüfen.
Es geht um eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL), mit der der Austausch von Biosimilars erlaubt werden soll. Schon 2019 war eine entsprechende Regelung mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) verabschiedet worden, seitdem wird über das Thema gestritten. Als Kompromiss wurde mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) zunächst die Substitution von „biotechnologisch hergestellten biologischen Fertigarzneimitteln durch Apotheken bei parenteralen Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung“ vorgesehen.
Im Juni hatte der G-BA die notwendige Änderung der AM-RL beschlossen, doch im August hat das BMG den Beschluss beanstandet, da „durchgreifende Einwände gegen die rechtliche Vertretbarkeit“ bestünden: Aufgrund der Verwendung des Begriffs „wirkstoffgleich“ statt der für Biosimilars verwendeten sozialgesetzlichen Formulierung „im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel“ beziehungsweise der arzneimittelrechtlichen Formulierung „ähnlich“ wäre eine widersprüchliche und missverständliche Regelung zu erwarten, monierte das BMG. Biosimilars seien „zwar im Wesentlichen gleich in Bezug auf das Referenzarzneimittel, jedoch gerade nicht ‚wirkstoffgleich‘“.
Ähnlich ist ungefähr gleich
Der G-BA hat die Formulierung nun „redaktionell angepasst“. An der Sache ändere die Korrektur nichts, denn gemäß den Vorgaben in § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V) seien Apotheken zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen verpflichtet, in denen der verordnende Arzt oder die verordnende Ärztin ein Arzneimittel unter seiner „Wirkstoffbezeichnung“ verordnet habe. Diese Regelung gelte zwar zuvorderst für Generika, jedoch seit einem Jahr auch „entsprechend“ für „im Wesentlichen gleiche“ biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel.
„Aus Sicht des G-BA ist mit Blick auf die bestehende und anzuwendende Regelungssystematik des § 129 SGB V auch in Bezug auf die Gruppe der biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimittel der Begriff ‚wirkstoffgleich‚ im Sinne einer Übereinstimmung der Bezeichnung des Wirkstoffs, die letztlich auch die Zulassungsbehörde jedem Arzneimittel zugrunde legt, auszulegen.“
Die Tatsache, dass biotechnologisch hergestellte Wirkstoffe im Gegensatz zu synthetisch hergestellten Wirkstoffen nicht allein durch ihre Molekülstruktur definiert, sondern darüber hinaus durch das Herstellungsverfahren selbst charakterisiert seien, führe zu keiner anderen Einschätzung. Denn nähere Angaben zu diesen Unterschieden seien „in den Fachinformationen nicht hinterlegt und folglich für Apotheken bei einer Ersetzung überhaupt nicht als Kriterium überprüfbar“.
Zulassung als Prüfkriterium
Stattdessen habe man abweichend zur Regelungssystematik für Generika bei Biosimilars „die Zulassungszusammenhänge der Arzneimittel als weiteres Prüfkriterium für Apotheken einbezogen“. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass Biosimilars in Bezug auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind und damit schon die Prüfung der Zulassungsbehörden „eine ausreichende Grundlage dafür darstellt, eine hinreichende Ähnlichkeit sowohl zum Referenzarzneimittel als auch der Biosimilars untereinander festzustellen“.
Die Unterschiede, die sich aus dem Herstellungsprozess oder die zur Anwendung kommenden Ausgangsstoffe ergeben, würden grundsätzlich durch die Zulassungsbehörden bewertet. „Bei einer Zulassung von Biosimilars gelten Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit sowie ein jeweils vergleichbares Qualitäts-, Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil im Verhältnis zum Referenzarzneimittel als belegt. Die in der Fachinformation ausgewiesene Wirkstoffbezeichnung des bezugnehmenden Biosimilars entspricht dabei regelhaft der des Referenzarzneimittels.“
Wie die Apotheken die Voraussetzungen prüfen sollen, will der G-BA in der Anlage VIIa (Biologika und Biosimilars) regeln. „Darin werden für Wirkstoffe, die biotechnologisch hergestellt werden und zu denen mehrere Originalarzneimittel oder mindestens ein Biosimilar verfügbar sind, die Zusammenhänge der in Deutschland zugelassenen Referenzarzneimittel und im Wesentlichen gleiche
biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel [...] abgebildet.“