Vor wenigen Tagen berichtete die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) über Meldungen zu „starkem Nasenbluten unter Sinupret extract und forte“. Jetzt meldet sich der Hersteller zu Wort.
Von März 2000 bis November 2017 sind bei der AMK insgesamt 18 Berichte zu überwiegend schwerem Nasenbluten unter den Phytopharmaka Sinupret forte (5 Berichte) und Sinupret extract (13 Berichte) eingegangen. Seit der Markteinführung der „stärkeren“ Variante hätten sich die Meldungen gehäuft, schreibt die AMK.
Bionorica gibt zu bedenken: „Im gleichen Zeitraum wurden jedoch weltweit über eine Milliarde Tagesdosen von Sinupret extract und Sinupret forte verkauft. Im Vergleich dazu ist die Anzahl an Meldungen zu Nasenbluten verschwindend gering.“ Die unerwünschte Arzneimittelwirkung ist bislang weder als Nebenwirkung in der Fach- und Gebrauchsinformation dokumentiert, noch wurde sie in klinischen Studien beobachtet. In klinischen Prüfungen für die Indikation „akute Rhinosinusitis“ wurde für Sinupret extract „kein einziger Fall von Nasenbluten“ unter dem Arzneimittel dokumentiert.
Seit der Markteinführung beider Arzneimittel wurden nur sehr wenige Fälle von Nasenbluten mit starker Ausprägung berichtet, so Bionorica weiter und liefert die Begründung: „Bei diesen Patienten bestand eine Grunderkrankung, die das Nasenbluten begünstigt, wie zum Beispiel Bluthochdruck oder Blutgerinnungsstörungen, oder es wurden begleitend Blutverdünner oder Nasenspray verwendet“, schreiben Manuela Geidl, Head of Drug Safety, und Dr. Jürgen Ott, Bereichsleiter Marketing & Vertrieb.
In Neumarkt weist man zudem darauf hin, zu berücksichtigen, „dass Nasenbluten eine mögliche und nicht seltene Begleiterscheinung bei Nasennebenhöhlenentzündung und/oder Schnupfen darstellt“. Denn die Nasenschleimhäute sind aufgrund der Entzündung ohnehin empfindlich und gereizt. Kleine Blutgefäße können daher leichter platzen. Bestätigt werde diese Einschätzung durch Ergebnisse klinischer Prüfungen zu Sinupret extract. Hier hatten nur Patienten der Placebo-Gruppe über Nasenbluten berichtet. Auch eine Begleitmedikation mit beispielsweise Schmerzmitteln mit blutverdünnender Wirkung oder einem Nasenspray mit schleimhautirritierender Wirkung könne das Auftreten von Nasenbluten begünstigen. Bionorica werde dennoch im Sinne der vorbeugenden Patientensicherheit die Risikominimierungsmaßnahmen erneut überprüfen.
Die Meldungen der AMK erfassen Nasenbluten bei Patienten zwischen 14 und 83 Jahren. Dieses wurde in zwei Fällen als „extrem“ beziehungsweise „sehr stark“ beschrieben. In acht Fällen – die zweimal einen Notarzteinsatz zur Folge hatten – wurde die Blutung als „stark“ eingestuft. Die betroffenen Patienten waren zur Hälfte männlich und im Durchschnitt 58 Jahre alt. Zwei Drittel der Betroffenen berichteten über Nasenbluten bereits am ersten Therapietag.
Für 7 der 18 Patienten wurde eine Begleitmedikation erfasst. Je zwei Betroffene wurden mit Arzneimitteln mit ätherischen Ölen, nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Levothyroxin behandelt. Vier Patienten gaben eine blutdrucksenkende Begleitmedikation an – von ihnen nahmen zwei zusätzlich Acetylsalicylsäure 100 mg beziehungsweise Metamizol ein. Für einen weiteren Fall wurde eine bedarfsweise Einnahme von Ibuprofen festgehalten.
In 16 Fällen führte das aufgetretene Nasenbluten zum Therapieabbruch. Dies hatte in allen Fällen ein Ende der Blutung zur Folge. Für einen Zusammenhang zwischen den UAW und der Einnahme spricht laut AMK die Tatsache, dass in 50 Prozent der Meldungen Sinupret extract/forte das einzige angewendete Arzneimittel war und in acht Fällen ausschließlich für Sinupret ein kausaler Zusammenhang vermutet wurde.
Daher empfiehlt die AMK den Apothekern, gemeinsam mit dem Patienten den Nutzen und die potentiellen Risiken der Behandlung abzuwägen. Patienten mit Symptomen einer Sinusitis und blutungsfördernder Begleitmedikation oder arterieller Hypertonie sollten auf das mögliche Risiko von Nasenbluten hingewiesen werden. Tritt Nasenbluten auf, sind die Phytopharmaka abzusetzen und ein Arzt aufzusuchen.
Sinupret extract ist für eine bis zu 14-tägige Behandlung einer akuten, unkomplizierten Entzündung der Nasennebenhöhlen ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Sinupret forte ist zusätzlich bei chronischer Sinusitis indiziert. Die Arzneimittel enthalten Enzianwurzel, Primel- und Holunderblüten sowie Ampfer- und Eisenkraut (Sinupret forte) beziehungsweise einen getrockneten ethanolischen Auszug hieraus (Sinpret extract). Zum bekannten Risikoprofil gehören allergische Reaktionen.
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