Der langjährige Streit um Isentress (Raltegravir) wird nun vom Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Verliert MSD Sharp & Dohme die im September erhaltene Zwangslizenz, könnte das HIV-Medikament vom deutschen Markt verschwinden.
Der BGH verhandelt heute darüber, ob Isentress weiter auf dem deutschen Markt vertrieben werden darf. Das Präparat heilt infizierte Menschen zwar nicht, verlangsamt aber die Ausbreitung des Virus im Körper.
MSD vertreibt das Arzneimittel in Deutschland seit 2008. Das japanische Pharmaunternehmen Shionogi ist als Eigentümer des Patents der Ansicht, dass dadurch seine Rechte verletzt werden. Nachdem Verhandlungen über eine Lizenz erfolglos geblieben sind, streiten die beiden Firmen vor verschiedenen Gerichten.
Das Bundespatentgericht erlaubte MSD im vergangenen September, Isentress vorläufig weiter zu vertreiben, weil etwa Schwangere, Neugeborene und Neuinfizierte das Medikament dringend bräuchten. Gegen diese Zwangslizenz im Eilverfahren wehrt sich Shionogi nun vor dem BGH. Ob es am Donnerstag ein Urteil geben wird, ist unklar.
Der Streit zwischen Shionogi und Merck entfachte bereits vor mehr als einem Jahrzehnt, nachdem die Japaner 2002 ein Patent für Raltegravir angemeldet hatten – das auch 2012 vom Europäischen Patentamt erteilt wurde und den Einsprüchen von Merck standhielt. Die Amerikaner hatten beinahe zur gleichen Zeit ein Patent mit einem engen Schutzumfang für den antiviralen Wirkstoff entwickelt und 2007 als erstes Unternehmen eine Zulassung in den USA erhalten.
Isentress ist als Granulat, Kautablette und Tablette im Handel. Raltegravir ist ein Integrase-Strangtransfer-Inhibitor und richtet sich gegen HIV-1. Es hemmt die Integration des HIV-Genoms in das Wirtszellgenom und dadurch die Virus-Replikation. Die Produktion neuer infektiöser Viruspartikel bleibt aus – das Virus kann sich nicht weiter ausbreiten. Der Arzneistoff muss in Kombination mit anderen antiretroviralen Therapien angewendet werden.
Isentress kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Erwachsene schlucken zweimal täglich eine Tablette zu 400 mg. Zu den häufigsten möglichen Nebenwirkungen zählen Durchfall, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Infektionen der oberen Atemwege.
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