Berlin: Sartane gefährden Trinkwasser APOTHEKE ADHOC, 16.10.2017 13:22 Uhr
Alarm in Berlin: Rückstände von Sartanen gefährden die Trinkwasserqualität der Hauptstadt. Berliner Wasserbetriebe (BWB) und Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) warnten auf den Herztagen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).
Medikamentenrückstände in Trinkwasser oder Gewässern können sowohl im Wasser lebende Tiere gefährden als auch für Menschen ein potenzielles Vergiftungsrisiko darstellen. Die Trinkwasserqualität kann beispielsweise durch schlecht abbaubare und häufig verordnete Arzneimittel negativ beeinträchtigt werden. In den vergangenen Jahren wurden vermehrt schlecht abbaubare Arzneistoffe und hochwirksame Wirkstoffe in den Gewässern dokumentiert.
Dr. Sebastian Schimmelpfennig (BWB) und Dr. Claudia Simon (LAGeSo) schlugen auf den DGK-Herztagen Alarm: Sartane können aufgrund ihrer Eigenschaften und der hohen Verordnungszahlen als einziger Blutdrucksenker die Qualität der Trinkwasserressourcen im gesamten Bundesgebiet gefährden. Auch wenn die Therapiehoheit dem Arzt obliegt, regen die Experten an, die Verordnungspraxis anzupassen und auf Alternativen auszuweichen, die nach ökologischen Aspekten weniger bedenklich sind.
Die verordneten Medikamente gelangen durch Ausscheidungen über den Weg Kanalisation, Kläranlage und Oberflächengewässer in den Wasserkreislauf. „Bei den Sartanen werden die verordneten Wirkstoffmengen nahezu vollständig im Kläranlagenablauf wiedergefunden“, so die Studienautoren. „Auch bei der Uferfiltration zum Zwecke der Trinkwassergewinnung ist nur eine geringe Abbaubarkeit der Sartane festzustellen“, so die Autoren weiter.
Laut Experten werden jährlich 400 Tonnen Blutdrucksenker in Deutschland verordnet. Das entspricht etwa 15 Milliarden Tagestherapiedosen (DDD). Mehr als die Hälfte entfallen auf den Betablocker Metoprolol und die Sartane.
Candesartan beispielsweise besitzt eine geschätzte absolute Bioverfügbarkeit von 14 Prozent pro Tablette. Der Wirkstoff wird hauptsächlich unverändert renal und über die Galle ausgeschieden. Nur ein geringer Anteil wird über den Lebermetabolismus über CYP2C9 ausgeschieden. Für Valsartan in Tablettenform liegt die mittlere absolute Bioverfügbarkeit bei etwa 23 Prozent. Der Wirkstoff wird vorwiegend unverändert zu etwa 83 Prozent über den Faeces und etwa 13 Prozent übder den Urin ausgeschieden.
Aber nicht nur Sartane, sondern auch Antibiotika, orale hormonelle Kontrazeptiva oder Kontrastmittel stehen in der Kritik, die Trinkwasserqualität zu gefährden. Trotz aufwendiger Reinigungs- und Aufbereitungsprozesse lassen sich nicht alle Schadstoffe aus dem Trinkwasser entfernen.
In Berlin leben mehr als 3,5 Millionen Menschen, die mit Trinkwasser versorgt werden müssen. Die BWB gewinnen mit 70 Prozent, den Großteil über Uferfiltration und Grundwasseranreicherung aus Grundwasser. Somit beeinflusst die Qualität der Oberflächengewässer maßgeblich die Trinkwasserqualität.