BfArM empfiehlt Zulassung

Benzodiazepine für Kinder Alexandra Negt, 28.09.2020 08:58 Uhr

Die Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (KAKJ) spricht sich für die Zulassung von bestimmten Benzodiazepin-Derivaten für die Anwendung bei Personen unter 18 Jahren aus. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Bislang sind Benzodiazepin-Derivate wie Flunitrazepam und Brotizolam nur für die Anwendung bei Erwachsenen zugelassen. Eine Indikation für Kinder unter 18 Jahre besteht nur für das Midazolam-haltige Präparat Buccolam. Im Ergebnisprotokoll zur 45. Sitzung der Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (KAKJ) wurde nun einer Zulassung dieser Wirkstoffe für Kinder und Jugendliche zugestimmt.

Im Dezember hatte die am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte KAKJ über eine mögliche Zulassung von bestimmten Benzodiazepin-Derivaten für die Anwendung bei Personen unter 18 Jahren diskutiert. Am Ende stimmten die Experten zu. Jedoch müssten die bereits vorgelegten Studien durch das BfArM weitergehend geprüft werden.

Die KAKJ sieht ein Herabsetzen der Gesamtdosis als notwendig an, um die Patientensicherheit der Kinder zu gewährleisten. Darüber hinaus sieht die Kommission Risiken in der Art der Anwendung. Um ein potentielles Risiko in der beantragten Handhabung des Arzneimittels zu reduzieren und eine Verwechslung der Applikationsweise zu vermeiden, wird eine Fertigspritze als Darreichungsform empfohlen. Fertigspritzen enthalten ein definiertes vorgefülltes Volumen, sodass Über- oder Unterdosierungen weitestgehend vermieden werden können.

Nur die Arzneistoffe des ATC-Codes N05CD sind Gegenstand der Empfehlung. Dazu gehören Flurazepam, Nitrazepam, Flunitrazepam, Estazolam, Triazolam, Lormetazepam, Temazepam, Midazolam, Brotizolam, Quazepam, Loprazolam, Doxefazepam und Cinolazepam. Andere Bezodiazepin-Derivate, die unter dem ATC-Code N05BA gelistet sind, wie beispielsweise Alprazolam, Diazepam oder Lorazepam, sind von dieser Zulassungsempfehlung nicht betroffen.

Midazolam für unter 18-Jährige

Die buccale Anwendung von Midazolam ist bei Kindern zwischen drei Monaten und 18 Jahren zugelassen. Es handelt sich um ein Notfallmedikament, welches von einer außenstehenden Person im Falle eines anhaltenden Krampfanfalles im Rahmen der Epilepsie gegeben werden muss. Kinder zwischen drei und zwölf Monaten erhalten 2,5 mg Midazolam. Ab zwölf Monaten bis zu einem Alter von fünf Jahren erhält das Kind 5 mg Midazolam. Bis zum 10. Lebensjahr sind es 7,5 mg und für alle Kinder über zehn Jahren beträgt die Dosierung 10 mg. Wichtig: Es handelt sich um eine Einmalgabe. Die Betreuungspersonen dürfen nur eine einzige Midazolam-Dosis verabreichen. Geht der Krampfanfall binnen zehn Minuten nicht zurück, muss der Notarzt kontaktiert werden.

Andere Anwendungsbereiche von Midazolam-haltigen Präparaten bei Kindern bestehen bei folgenden Indikationen: Analgosedierung vor und während diagnostischer oder therapeutischer Eingriffe, Prämedikation vor Narkoseeinleitung oder Sedierung auf der Intensivstation. Die Gabe des Benzodiazepin-Derivates erfolgt somit ausschließlich im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis. Die Evidenz bezüglich der Gabe von Benzodiazepinen bei Kindern ist eher gering. In den meisten Fachinformationen lautet der Hinweis für eine Gabe bei unter 18-Jährigen: „Benzodiazepine sollten Kindern und Jugendlichen nur nach sorgfältiger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses verordnet werden.“

Wirkmechanismus

Der gemeinsame Wirkmechanismus der zahlreichen eingesetzten Benzodiazepine besteht in der Bindung an eine modulatorische Stelle am GABA-A-Rezeptor. Liganden sind nicht nur Benzodiazepine, sondern auch strukturell andere Medikamente wie Zolpidem, die jedoch an andere Regionen des Rezeptors binden. Die Bindung an den Rezeptor führt zu einer verstärkten Wirkung des Neurotransmitters GABA (Gamma-Aminobuttersäure). Dadurch nimmt die Öffnungswahrscheinlichkeit der mit den GABA-A-Rezeptoren verbundenen Chloridkanäle zu und der Einstrom der Chlorid-Ionen in die Nervenzelle wird verstärkt. Folge ist eine Hyperpolarisation der Zellmembran und damit eine geringe Erregbarkeit der Neuronenmembran.