Baricitinib senkt Sterberisiko bei Covid-19 APOTHEKE ADHOC, 07.09.2021 15:04 Uhr
Der Janus-Kinase-Inhibitor Baricitinib – bekannt aus Olumiant von Lilly – konnte in einer Phase-III-Studie vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf die Sterblichkeit bei Covid-Patient:innen erzielen. Bislang wird die Anwendung in der EU nicht empfohlen, in den USA hat der Wirkstoff bereits die Zulassung bei Covid-19.
Ursprünglich ist Baricitinib zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen. Der Wirkstoff verhindert, dass Zytokine eine Immunreaktion auslösen. Daher wird er auch bei einem Zytokinsturm unter Covid-19 erprobt. Bislang waren die Studiendaten jedoch nicht eindeutig. Nun wurden im Fachjournal „Lancet Respiratory Medicine“ erneut Daten vorgestellt. Die Phase-III-Studie „Cov-Barrier“ zeigt vor allem in Bezug auf die Sterblichkeit positive Ergebnisse.
In den USA ist Baricitinib bereits zur Behandlung von Covid-Patient:innen zugelassen – mittlerweile auch ohne die Kombination mit Remdesivir. In Europa wurde bislang jedoch keine Empfehlung ausgesprochen, da die Datenlage für eine breite Anwendung nicht ausreichend sei.
Die „Cov-Barrier“-Studie wurde an 101 Zentren in 12 Ländern – darunter auch Deutschland – durchgeführt. Insgesamt nahmen mehr als 1500 Patient:innen an der Untersuchung teil, die wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt wurden. 64 Prozent benötigten eine Sauerstoffversorgung. Auf eine maschinelle Beatmung war jedoch keiner der Patient:innen angewiesen. Primärer Endpunkt war das Fortschreiten der Erkrankung gemäß dem sogenannten NIAID-OS-Score.
Die Patient:innen wurden auf einmal täglich Baricitinib oder Placebo für bis zu 14 Tage randomisiert. Einem Team der Emory University School of Medicine zufolge kam es in der Baricitinib-Gruppe bei 27,8 Prozent zum Erreichen des Endpunktes. In der Placebogruppe waren es 30,5 Prozent. Dies deutet zwar auf einen Vorteil hin, jedoch war dieser nicht signifikant.
Einfluss auf Sterblichkeit signifikant
Anders sah es jedoch bei Betrachtung der Gesamtmortalität aus: Hier zeigte sich ein signifikanter Vorteil. In der Baricitinib-Gruppe waren in den ersten 28 Tagen 8 Prozent der Patient:innen gestorben gegenüber 13 Prozent in der Placebogruppe. Umgerechnet bedeutet dies, dass auf 20 Patient:innen, die mit Baricitinib behandelt wurden, ein zusätzlicher Überlebender kommt. Damit war die „Number Needed to Treat” (NNT) niedriger als bei Dexamethason in der „Recovery“-Studie oder bei Tocilizumab.
Die Studienautoren sehen damit für Baricitinib eine Evidenz auf der höchsten Stufe. Problematisch ist jedoch, dass es in Bezug auf den primären Endpunkt in der „Cov-Barrier“-Studie keinen signifikanten Vorteil gab. Daher bleibt abzuwarten, ob die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) eine Empfehlung für den Immunmodulator ausspricht. In einer doppelt verblindeten Studie wird derzeit eine Kombination aus Baricitinib plus Remdesivir mit einer Kombination aus Dexamethason plus Remdesivir an mehr als 1000 Patient:innen verglichen. Auch diese Studie könnte Einfluss auf die Entscheidung nehmen.