Temporallappen-Epilepsie

Bald Gentherapie statt OP?

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Berlin -

Bei der Temporallappen-Epilepsie (TLE) ist häufig die Entfernung der betroffenen Gehirnregion die einzige wirksame Therapieoption. Forscher der Charité Berlin und der Medizinischen Universität Innsbruck erforschen derzeit die Behandlung mit einer speziellen Gentherapie. Sie soll schnellstmöglich in die klinische Testphase gehen.

Bisher konnten die Forscher die Wirkung vor allem im Tierversuch nachweisen: Dort konnten beginnende Krampfanfälle am Ort ihrer Entstehung bei Bedarf unterdrückt werden. Die Therapie soll nun auch für die Anwendung am Menschen optimiert werden. Damit handelt es sich um einen völlig neuen Therapieansatz. Denn bei der TLE wirken die eingesetzten Medikamente meist nicht ausreichend. Häufig sind sie zudem mit starken Nebenwirkungen verbunden. Die OP ist daher oft die einzige Alternative. Allerdings kommt es durch den chirurgischen Eingriff zu kognitiven Beeinträchtigungen. Zudem ist sie kein Garant für eine Anfallsfreiheit.

Bei der neuartigen Gentherapie wird ein spezielles Gen mittels adenoassoziierten Viren (AAV) selektiv in die betroffene Gehirnregion eingeschleust, von der die epileptischen Anfälle ausgehen. Diese AAV sind bereits zur Therapie bei Menschen zugelassen und gelten als sicher. Das eingeschleuste Gen gibt dem Körper die Anweisung Dynorphin zu produzieren: Dabei handelt es sich um eine körpereigene Substanz, die vor übermäßiger neuronaler Erregung schützen kann.

Wenn die Neuronen das Gen aufgenommen haben, wird es gespeichert und fortan selbst auf Vorrat produziert. Dynorphin wird dann immer ausgeschüttet, wenn es zu einer hochfrequenten Stimulation der Nevrnezellen kommt, wie bei einem beginnenden Anfall. Die Substanz bewirkt dann eine Dämpfung der Reizweiterleitung, folglich wird der Anfall gestoppt. Da der Wirkstoff nur bei Bedarf von den Zellen abgegeben wird, wird die Behandlung als „drug on demand-Gentherapie“ bezeichnet.

Im Tiermodell konnten auf diese Weise die epileptischen Anfälle über Monate unterdrückt werden. Durch das Ausbleiben der Anfälle wurden auch die damit verbundenen negativen Effekte auf das Gedächtnis vermieden. Nebenwirkungen wurden von den Wissenschaftlern bisher nicht beobachtet. Dies ist durch die regionale und zeitlich beschränkte Wirkung der Dynorphinausschüttung zu erklären. Desweiteren wird durch diese Art der Freisetzung ein Gewöhnungseffekt vermieden.

Neben dem Tiermodell erzielten die Forscher auch erste Erfolge für die Wirkung am Patienten: Sie testeten die neue Gentherapie bereits an menschlichen Gewebeproben. Das Ergebnis: Dynorphin konnte die Stärke und Häufigkeit synchroner Neuronenaktivität im Gewebeverbund deutlich reduzieren. Die Wissenschaftler sind daher zuversichtlich, dass der neue Therapieansatz auch bei Menschen Erfolg zeigen könnte. Daher soll er schnellstmöglich klinikreif werden. Derzeit wird daran gearbeitet, die virale Genfähre für die Anwendung bei Menschen zu optimieren. Ziel der Forscher ist, das Gentherapeutikum in wenigen Jahren als Arzneimittel erstmals in der klinischen Testphase einsetzen zu können.

Die Temporallappen-Epilepsie (TLE) ist die häufigste Epilepsieform im Kindes- und Erwachsenenalter. Meist tritt sie erstmals zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr auf. Dabei können die Anfälle individuell unterschiedlich sein und von einfachen bis hin zu komplexen, sogenannten „Grand mal“-Anfällen reichen. Kinder, die an TLE leiden, weisen häufig psychomotorische Entwicklungsstörungen mit Verhaltensauffälligkeit und Intelligenzminderung auf. Die pharmakologische Therapie ist schwierig, da bei den meisten Fällen durch Antikonvulsiva wie Valproinsäure, Carbamazepin oder Phenytoin keine Besserung erzielt werden kann.

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