Diabetes mellitus

Awiqli: Zusatznutzen vom Wocheninsulin nicht belegt

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Berlin -

Awiqli (Insulin icodec, Novo Nordisk) steht seit September als FlexTouch-Fertigpen zur Verfügung. Als erstes zugelassenes Wocheninsulin stellt Awiqli somit eine neue Behandlungsoption für Erwachsene mit Diabetes mellitus dar. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) sieht jedoch keinen Zusatznutzen gegenüber herkömmlichen Insulinen.

Das lang wirkende Humaninsulin soll Diabetiker:innen das tägliche Spritzen ersparen. Denn verabreicht werden muss Awiqli nur einmal wöchentlich, denn das Ultra-Langzeit-Insulinanalogon hat eine Halbwertszeit von 196 Stunden, also etwa acht Tagen. Vorteil: Die einmal wöchentliche subkutane Applikation kann einen Einfluss auf die Therapieakzeptanz sowie die Therapieadhärenz und Lebensqualität haben.

Laut Hersteller wurde die Wirksamkeit und Sicherheit im klinischen Phase-3a-Studienprogramm Onwards untersucht. Dabei zeigte das wöchentlich verabreichte Insulin icodec eine effektive Blutzuckerkontrolle. Mehr noch: 94 Prozent der Erwachsenen mit Typ 2 Diabetes zogen das Wocheninsulin gegenüber den vorher angewendeten herkömmlichen Basalinsulinen vor. Der Zusatznutzen liegt für Anwender:innen somit klar auf der Hand.

Diabetes mellitus Typ 1

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) kommt jedoch nach einer Bewertung des Zusatznutzens auf ein anderes Ergebnis. Sie sieht einen Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen von Insulin icodec gegenüber dem täglich anzuwendenden Insulin degludec bei Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 1. Die Kommission schließt sich somit der Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an: „Es gibt keinen Anhaltspunkt für eine bessere Wirksamkeit von Insulin icodec im Vergleich zu anderen Basalinsulinen“, heißt es.

So würde „bei einer Basis-Bolus-Therapie die Gesamtinjektionszahl durch Insulin icodec nur unwesentlich verändert im Vergleich zu langwirksamen Insulinen, die einmal täglich injiziert werden“, so das Fazit der AkdÄ. Mehr noch: In der Studie Onwards 6 seien schwerwiegende Hypoglykämien sogar signifikant häufiger unter Insulin icodec auf als unter Insulin degludec aufgetreten. „Im Unterschied zum IQWiG bewertet die AkdÄ die Number needed to harm (NNH) von 40 als klinisch hoch relevant“, heißt es. Die AkdÄ sehe deshalb einen Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen von Insulin icodec gegenüber Insulin degludec.

Diabetes mellitus Typ 2

Auch für Erwachsene mit Diabetes mellitus Typ 2 schließt sich die AkdÄ der Einschätzung des IQWiG an, dass ein Zusatznutzen von Insulin icodec „bei allen vier Fragestellungen nicht belegt ist“, da der pharmazeutische Unternehmer keine geeigneten Daten vorlegen könne. Konkret: „Die Übertragbarkeit der Studiendaten auf die Zielgruppe in der Versorgung ist unsicher.“

So seien die vorgelegten Teilpopulationen zu klein, um „valide die Sicherheit von Insulin icodec zu beurteilen“, insbesondere hinsichtlich schwerer Hypoglykämien. „Unter Einbezug der Gesamtpopulation ist bei Basalinsulin-unterstützter Therapie von einem erhöhten Hypoglykämierisiko unter Insulin icodec im Vergleich zu Insulin glargin auszugehen“, so die AkdÄ. So überwiege das höhere Hypoglykämierisiko für die meisten Patient:innen die verringerte Injektionshäufigkeit.

„Bei einer Basis-Bolus-Therapie bestand in der Studie Onwards 4 kein erhöhtes Hypoglykämierisiko unter Insulin icodec“, heißt es weiter. Hier werde allerdings die Anzahl der notwendigen Injektionen durch Insulin icodec nur geringfügig reduziert, „so dass kein patientenrelevanter Vorteil anzunehmen“ sei. Aufgrund der Studiendauern könne zudem aktuell noch keine Aussage zu kardiovaskulären und mikrovaskulären Endpunkten oder zur Sicherheit einer Langzeittherapie getroffen werden, so die AkdÄ.

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