Migräne-Antikörper

Austherapiert: Beträchtlicher Zusatznutzen für Erenumab

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Berlin -

Erenumab ist der erste monoklonale Antikörper, der zur Migräne-Prophylaxe auf dem Markt ist. Seit November 2018 steht das Arzneimittel den Betroffenen als neue Therapiemöglichkeit unter dem Namen Aimovig (Novartis) zur Verfügung. Jetzt hat das Institut für Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einer frühen Nutzenbewertung dem Wirkstoff einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen zugesprochen – allerdings nicht für alle Patienten.

Erenumab ist „als Prophylaxe erfolgreich, wenn andere medikamentöse Therapien ausgeschöpft sind“, teilt das IQWiG mit. Die Entscheidung ist das Ergebnis der Auswertung der vom Hersteller vorgelegten Daten. Denn dieser habe lediglich Daten für die Behandlung bei episodischer Migräne, nicht aber für die chronische Migräne vorgelegt. Die Grenzen seien jedoch unscharf und einzig die Zahl der Schmerztage für die Klassifikation entscheiden. Daher sieht das IQWiG den Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen nicht auf die episodische Migräne beschränkt.

Aber von vorn: Erenumab ist zur Migräneprophylaxe von Erwachsenen mit vier oder mehr Migränetagen pro Monat indiziert und kommt für die Akutbehandlung einer Migräneattacke nicht in Frage. Die Wirkung beruht auf der Hemmung des Calcitonin-Gene-Related-Peptid (CGRP)-Rezeptors. Der Botenstoff spielt bei der Entstehung der Migräne eine entscheidende Rolle und wird bei einer Attacke vermehrt freigesetzt und ist als proinflammatorisches Neuropeptid für die Gefäßerweiterung verantwortlich.

Zur Migräneprophylaxe wurden bislang nur Arzneistoffe eingesetzt, die nicht speziell dafür entwickelt wurden, sondern hierbei handelt es sich vielmehr um einen Zufallsfund. Zum Einsatz kamen bislang Wirkstoffe zur Behandlung von Bluthochdruck, Depressionen oder Epilepsie. Diese müssen täglich eingenommen werden und sind mit verschiedenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen behaftet. Der monoklonale Antikörper muss jedoch nur einmal im Monat injiziert werden. Die bisher verfügbaren Therapien zog das IQWiG für die Bewertung des Zusatznutzens als Vergleichstherapie heran.

Für die Bewertung wurden die Patienten mit mindestens vier Migränetagen pro Monat in drei Gruppen unterschieden und randomisierte kontrollierte Studien mit einer Mindestbehandlungsdauer von zwölf Monaten herangezogen.

  • Gruppe 1: unbehandelte Patienten sowie Patienten, die bereits auf eine prophylaktische Option nicht angesprochen haben, diese nicht vertragen wurde oder ungeeignet ist. Die Betroffenen kommen aber für eine Prophylaxe mit Metoprolol, Propranolol, Flunarizin, Topiramat oder Amitriptylin in Frage.
  • Gruppe 2: Patienten, die auf Metoprolol, Propranolol, Flunarizin, Topiramat oder Amitriptylin nicht ansprechen, diese nicht vertragen oder ungeeignet sind. Als Alternativen stehen jedoch Valproinsäure oder Botox zur Verfügung.
  • Gruppe 3: Patienten, für die lediglich eine Therapie mit „Best supportive Care“ (BSC) in Frage kommt.

Für die Patientengruppen 1 und 2 hatte der Hersteller keine Daten vorgelegt. Somit ist laut IQWiG in beiden Fällen ein Zusatznutzen nicht belegt. Anders sieht es bei der Patientengruppe 3 – den austherapierten Migränepatienten – aus. Hier sieht das IQWiG einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Die Entscheidung geht auf die Ergebnisse der Studie „Liberty“ zurück, die über einen Zeitraum von zwölf Wochen mit Erenumab 140 mg und BSC oder Placebo plus BSC gesammelt wurden. Insgesamt wurden 246 Patienten randomisiert, die innerhalb der letzten drei Monate durchschnittlich vier bis 14 Migränetage im Monat – im Mittel 9,1 Tage – vorweisen und zwei bis vier medikamentöse Therapien zur Prophylaxe nicht den gewünschten Erfolg brachten. Als primärer Endpunkt galt die Reduktion der monatlichen Migränetage um ≥ 50 Prozent zu Woche 12.

Für die Nutzenbewertung hat das IQWiG eine Teilpopulation der Studie einbezogen. 193 Patienten, bei denen mindestens und maximal vier medikamnetöse Therapien – Metoprolol/Propranolol, Flunarizin, Topiramat oder Amtriptylin – versagt hatten, und diejenigen, die vor Studieneinschluss zuletzt mit Valproinsäure behandelt wurden.

Den Ergebnissen zufolge konnte in der Erenumab-Gruppe bei deutlich mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Zahl der Kopfschmerztage mindestens halbiert werden als in der Placebogruppe. „Das gilt auch für die Zahl der Migräne-Anfälle, die jeweils mehrere Tage dauern können“, schreibt das IQWiG. Der monoklonale Antikörper konnte auch in Bezug auf die Parameter „allgemeine Beeinträchtigung“ und „Aktivitätsbeeinträchtigung“ im Vergleich zum Placebo überzeugen.

Die endgültige Entscheidung über den Zusatznutzen und dessen Ausmaß fällt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nach dem Stellungnahmeverfahren.

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