Asthma & COPD: Überschießende Schleimbildung als Behandlungsansatz? Cynthia Möthrath, 17.06.2022 15:13 Uhr
Bei verschiedenen chronischen Lungenerkrankungen spielt die überschießende Schleimproduktion eine wesentliche Rolle. Ein Team vom Institut für Allgemeine Physiologie der Universität Ulm hat gemeinsam mit Forscher:innen der Stanford Universität in Kalifornien nun einen möglichen neuen Therapieansatz entdeckt. Im Tiermodell konnte er vielversprechende Ergebnisse liefern.
Bei Erkrankungen wie Asthma, COPD oder Mukoviszidose kommt es unter anderem durch die massive Schleimbildung zu einer Beeinträchtigung der Atmung. Das schleimige Sekret verstopft die Atemwege. Betroffene klagen unter Atemnot und Husten.
Bislang fokussiert sich die Behandlung vor allem auf entzündungshemmende und bronchienerweiternde Medikamente. Der Faktor der überschießenden Schleimproduktion wird dabei jedoch außen vor gelassen. Die Forscher:innen wollten daher untersuchen, ob die Reduzierung der Mukusproduktion ein neuer Behandlungsansatz sein könnte.
Protein nimmt Einfluss auf die Schleimbildung
In präklinischen Untersuchungen zeigte sich am Mausmodell, dass ein bestimmtes Protein mit dem Namen „Synaptotagmin-2“ Einfluss auf die Schleimproduktion nehmen kann. Es ist an der Vesikel-Fusion beteiligt und führt bei Fehlen zu einer Verringerung des Schleimes. Es könnte sich daher um einen therapeutischen Angriffspunkt handeln, so das Team.
Die Wissenschaftler:innen entwickelten also ein synthetisches Peptid, welches als Inhibitor an Synaptotagmin-2 bindet. Das Peptid trägt den Namen „SP9“. An menschlichen Spenderzellen von chronisch Lungenerkrankten wurde die Wirkung untersucht. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.
Schleimhemmung ohne Angriff der Schleimhaut
Das Team konnte mithilfe einer Fluoreszenzmikroskopie ausmachen, wie SP9 wirkt, welche Peptide in die schleimbildenden Zellen aufgenommen werden und welche nicht. Es zeigte sich, dass ein Komplex aus SP9 und Penetratin (Sp9-PEN) nach dem Zelleintritt die überschießenden Schleimproduktion hemmen kann – ohne die schützende Schleimschicht auf den Atemwegen zu beschädigen.
Die Anwendung des Komplexes sei beispielsweise in Form eines inhalativen Sprays denkbar. So könnte künftig zusätzlich zur bisherigen Standardtherapie ein weiterer Behandlungsansatz helfen, die Symptome zu lindern. In weiteren Studien soll der Wirkstoff nun weiter untersucht werden.