ASS: Krebs-Treiber bei Senioren? APOTHEKE ADHOC, 20.08.2020 08:55 Uhr
Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) gehört zu den Klassikern in der Apotheke. Vor einigen Jahren geriet die Substanz in den Fokus: Eine Studie hatte bei Senioren ein erhöhtes Krebswachstum ermittelt – nun gibt es neue Daten.
Eigentlich sollte die „Aspree-Studie“ eine präventive Wirkung von ASS auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestätigen. Die Ergebnisse der Studie waren jedoch ernüchternd. Doch damit nicht genug: Während der Studie zeigte sich außerdem ein erhöhtes Krebs- und Sterberisiko unter den ASS-Patienten. Nun wurden neue Daten im „Journal oft the National Cancer Institute“ veröffentlicht – demnach könnte ASS vor allem im fortgeschrittenen Stadium das Krebswachstum fördern.
Wenig Prävention, mehr Todesfälle
Insgesamt wurden im Rahmen der „Aspree-Studie“ mehr als 19.000 Menschen über 70 Jahren auf 100 mg ASS oder Placebo randomisiert. In Bezug auf die präventive Wirkung zeigten sich keine bedeutenden Unterschiede: Die Rate der kardiovaskulären Erkrankungen in der ASS-Gruppe lag bei 10,7 Ereignissen pro 1000 Personenjahren. In der Placebo-Gruppe kam es zu 11,3 Ereignissen.
Doch die Wissenschaftler warfen damals auch einen Blick in die Todesfälle: Nach 4,7 Jahren starben insgesamt 1052 Menschen. In der ASS-Gruppe war das Sterberisiko um 14 Prozent höher. Hauptursache dafür war Krebs: Krebsbedingte Todesfälle traten bei 3,1 Prozent der Teilnehmer der ASS-Gruppe und 2,3 Prozent der Patienten der Placebo-Gruppe auf.
Studienergebnisse erneut beleuchtet
Ein Team des Massachusetts General Hospital hat die Daten der Studie erneut unter die Lupe genommen: Gut 10 Prozent der Teilnehmer waren im Verlauf der Studie an Krebs erkrankt – von den 1933 Senioren waren 981 aus der ASS-Gruppe, 952 aus der Placebogruppe.
Mehr als 65 Prozent der Krebserkrankungen wurden im Frühstadium entdeckt, lediglich bei knapp 19 Prozent kam es bereits zu einer Metastasierung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. Knapp 6 Prozent der Teilnehmer hatten Krebserkrankungen, die bereits vor Studienbeginn Metastasen gebildet hatten.
Insgesamt ermittelten die Forscher, dass ASS das Risiko einer neuen Krebserkrankung nicht signifikant erhöht. Bei Patienten, die jedoch zum Zeitpunkt der Diagnose bereits einen metastasierenden Tumor hatten oder bei denen die Krebserkrankung im fortgeschrittenen Stadium 4 war, zeigte sich allerdings eine erhöhte Rate. Demnach könnte ASS das Wachstum von fortgeschrittenen Tumoren beschleunigen. Warum das so sein könnte, bleibt jedoch unklar. Die Forscher vermuten, dass durch die Entzündungshemmung die körpereigene Krebsabwehr behindert sein könnte. Der Zusammenhang zwischen einer ASS-Einnahme und Krebs wird derzeit in mehreren Studien untersucht. Es bleibt abzuwarten, ob sie zu ähnlichen Ergebnissen kommen.