Acetylsalicylsäure (ASS) zählt wohl zu den bekanntesten Wirkstoffen überhaupt. Eine Studie hat sich nun mit dem Nutzen einer regelmäßigen Einnahme von ASS zur Primärprävention von kognitivem Abbau und Demenz beschäftigt. Die Ergebnisse, welche im Fachjournal „Neurology“ veröffentlicht wurden, legen jedoch keinen positiven Einfluss dar. Es ist bereits der zweite Rückschlag für die Wirkstoff-Studie.
Die „Aspree-Studie“ beschäftigt sich seit längerem mit dem Wirkstoff ASS: Nutzen und Risiken von ASS in der Primärprävention wurden an einer größeren Gruppe von Senioren getestet. In den USA und Australien nahmen mehr als 19.000 Menschen im Alter zwischen 65 und 98 an der Studie teil. Die Probanden litten entweder an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Außerdem wiesen viele weitere Risikofaktoren wie Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes oder eine eingeschränkte Nierenfunktion auf. Im Zuge der Studie wurden die Senioren auf 100 mg ASS oder Placebo randomisiert.
Kein Einfluss auf Kognition und Demenz
Nun wurden Ergebnisse der Studie veröffentlicht, die den Effekt der täglichen ASS-Einnahme auf den kognitiven Abbau im Alter und damit verbundene Demenzerkrankungen zeigen sollten. Doch die Ergebnisse sprechen nicht für den Wirkstoff: Unter den Teilnehmern, die ASS erhielten, entwickelten 488 erste Anzeichen auf eine Demenzerkrankung – sogenannte „Trigger“. Dies entspricht 11,6 auf 1000 Personenjahre gerechnet. In der Kontrollgruppe waren es mit 476 Patienten etwa gleich viele.
Die Wissenschaftler schauten sich außerdem einzelne „Trigger“ an – doch auch hier gab es keine signifikanten Unterschiede: Gedächtnisstörungen traten mit 4,4 gegenüber 4,6 pro 1000 Patientenjahre auf, ein Abfall der modifizierten Mini-Mental State Examination (3MS-Score) auf unter 78 Punkte trat mit 4,1 gegenüber 4,3 auf. Ein Cholesterinesterasehemmer als Antidementivum wurde in der ASS-Gruppe bei 1,0 pro 1000 Patientenjahren verordnet, bei der Placebogruppe waren es 0,7 pro 1000 Patientenjahre.
Letztlich gab es auch keinen Einfluss auf die Diagnosestellung einer leichten kognitiven Einschränkung (MCI) – 26,5 versus 25,6 pro 1000 Personenjahre. Mithilfe von Tests wurden zudem verschiedene kognitive Fähigkeiten wie Gedächtnis, verbales Lernen und Sprachkompetenz überprüft. Doch auch diese Untersuchungen konnten keinen positiven Einfluss bei der ASS-Gruppe belegen.
Studie zeigt zum zweiten Mal keine Vorteile
Bereits vor zwei Jahren wurden erste Ergebnisse der Studie veröffentlicht: Dabei wurde der positive Einfluss auf die Reduktion von Herz-Kreislauferkrankungen bereits in Frage gestellt. Denn während der Studiendauer hatten sich diese Erkrankungen nur von 11,3 auf 10 pro 1000 Patientenjahre gesenkt. Außerdem gab es einen Anstieg der schweren Blutungen, die unter einer Therapie mit ASS auftreten können – bezogen auf 1000 Patientenjahre stiegen diese Ereignisse von 6,2 auf 8,6 an.
Obwohl ASS in den Studien nun bereits zweimal floppte, soll die Studie weitergeführt werden – möglicherweise sei die Studiendauer von fünf Jahren zu kurz, um positive Effekte aufzeigen zu können.
ASS zählt nicht nur zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) – auch als Thrombozytenaggregationshemmer ist der Wirkstoff bekannt. Die schmerzlindernden, fiebersenkenden und entzündungshemmenden Wirkungen beruhen auf einer irreversiblen Hemmung der Cyclooxygenase. Dadurch wird die Bildung von Prostaglandinen blockiert – Entzündungsprozesse werden gestoppt und die Schmerzwahrnehmung reduziert. Die blutverdünnende Wirkung basiert auf einer Blockade der Thromboxan-A2-Synthese in den Thrombozyten. Der Wirkstoff wird daher auch zur Sekundärprävention nach kardiovaskulären Ereignissen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt eingesetzt. Vor allem viele ältere Patienten nehmen daher täglich ASS in einer niedrigen Dosierung ein.
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