Herz-Kreislauf-Erkrankungen

ASS 100 mg: Wirkung abhängig von Körpergewicht

, Uhr
Berlin -

Niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (ASS) zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirkt nur präventiv, wenn der Patient weniger als 70 Kilogramm wiegt. Das berichten Wissenschaftler der Universität Oxford im Fachjournal „The Lancet“.

Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Peter Rothwell analysierte unter Verwendung individueller Patientendate die modifizierenden Effekte von Körpergewicht und Körpergröße auf die Wirkungen von niedrigen Dosen (≤ 100 mg) und höheren Dosen (300-325 mg oder ≥500 mg) von ASS in randomisierten Studien, wo der Arzneistoff in der primären Prävention von kardiovaskulären Ereignissen eingesetzt wurde.

Die Forscher stratifizierten die Ergebnisse nach Alter, Geschlecht und vaskulären Risikofaktoren und validierten sie in Studien mit ASS zur Sekundärprävention von Schlaganfällen. Zusätzlich haben sie untersucht, ob eine Gewichts- oder Größenabhängigkeit für die Wirkung von Aspirin auf das 20-Jahres-Risiko von Darmkrebs oder Krebs im Versuchsstadium offensichtlich ist. Insgesamt analysierten sie die Daten von 117.279 Teilnehmern.

Unter den zehn Studien, die zur Analyse herangezogen wurden, variierte das Körpergewicht im Median zwischen 60 und 81,2 kg. Die Forscher beobachteten, dass die Reduktion kardiovaskuläre Ereignisse mittels niedrig dosierter ASS (75 bis 100 mg) mit zunehmendem Gewicht abnahm. Einen Nutzen hatten Personen mit einem Gewicht von 50-69 kg (HR = 0,75, 95 Prozent CI), aber nicht Personen mit einem Körpergewicht von 70 kg oder mehr (HR =0,95). Höhere ASS-Dosen (mehr als 325 mg täglich) zeigten nur bei Personen mit mehr als 70 kg Körpergewicht einen prophylaktischen Effekt. Als Grund nennen die Wissenschaftler eine möglicherweise inadäquate Bioverfügbarkeit bei geringen Dosen.

Die Ergebnisse waren bei Frauen und Männern, bei Menschen mit Diabetes, in Studien mit Aspirin in der Sekundärprävention und in Bezug auf die Körpergröße ähnlich. ASS-vermittelte Reduktionen des Langzeitrisikos von Darmkrebs waren ebenfalls gewichtsabhängig. Das Risiko eines plötzlichen Todes war bei schlanken Personen unter 50 kg erhöht, die 75 bis 100 mg Aspirin erhielten (HR = 1 ,52, 95 Prozent CI). Angesichts der Studienergebnisse befürworten die Wissenschaftler eine personalisierte Dosis je nach Körpergewicht und -größe. Weitere Studien müssten dazu noch Daten liefern.

Verschiedene Untersuchungen gaben bereits Hinweise dafür, dass ASS bei einigen Patienten nur eingeschränkt wirkt; es bestehen inter-individuelle Unterschiede in der pharmakodynamischen Wirkung auf die Plättchenaggregation. Dieses Phänomen ist bekannt als „Aspirin-Resistenz“, das auch „High-on-treatment platelet reactivity“ (HTPR) genannt wird. HTPR wird mit einer höheren Häufigkeit von Stent-Thrombosen und einer erhöhten Mortalität assoziiert.

Die Ursachen liegen zum einen in genetischen Faktoren wie Polymorphismen der COX-1, Incompliance der Patienten, verminderte enterale Resorption, Niereninsuffizienz und die gleichzeitige Einnahme von Schmerzmitteln.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Wirkung nicht geschlechterabhängig
ASS: Kein Unterschied bei Mann und Frau
Signifikant geringeres Risiko
Schützt Semaglutid vor Alzheimer-Demenz?
Mehr aus Ressort
Immunisierung mit Nirsevimab läuft schleppend
Beyfortus: Kinderärzte beklagen Engpass

APOTHEKE ADHOC Debatte