Virusinfektionen

Aspirin als Schutz vor HIV? APOTHEKE ADHOC, 20.08.2018 14:23 Uhr

Berlin - 

Schützt niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) vor einer HIV-Infektion? Studienergebnisse der Universitäten von Manitoba, Waterloo und Nairobi in Zusammenarbeit mit der kanadischen Gesundheitsbehörde (Public Health Agency) sind vielversprechend. Die Daten wurden im „Journal of the International AIDS Society“ veröffentlicht.

Eine HIV-Infektion setzt ein vermehrungsfähiges Virus und eine empfindliche Wirtszelle voraus. Bekannt ist auch, dass Entzündungen im Vaginaltrakt das Risiko einer HIV-Infektion erhöhen können. Denn aktivierte Immunzellen sind anfälliger für Infektionen als ruhende. Außerdem werden aktivierte HIV-Zielzellen im Falle einer Entzündung in den weiblichen Genitaltrakt gebracht, wo diese mit dem Virus interagieren können. Die Forscher konzentrierten sich nicht auf die bekannten Präventionsansätze, sondern auf die Begrenzung der HIV-Zielzellen im weiblichen Genitaltrakt durch die Anwendung von weltweit zugänglichen und preisgünstigen entzündungshemmenden Arzneimitteln.

Die Forscher stellten die Hypothese auf, dass eine tägliche Gabe von niedrig dosierter ASS oder Hydroxychloroquin die Entzündungen im Vaginaltrakt reduzieren und somit die Anzahl der HIV-Zielzellen an der Vaginalschleimhaut verringern können. Das Team randomisierte 76 kenianische HIV-negative Frauen – 37 wurden mit 81 mg ASS und 39 mit Hydroxychloroquin (HCQ) zu 200 mg über einen Zeitraum von sechs Wochen behandelt. Beobachtet wurde die Anzahl der Immunzellen sowie der aktivierten Immunzellen in der Vaginalschleimhaut vor und während der Arzneimitteleinnahme.

ASS konnte im Ergebnis die Anzahl der HIV-Zielzellen (CCR 5 und CD4) im Genitaltrakt um 35 Prozent reduzieren. Außerdem dokumentierten die Forscher in Proteomanalysen der Gebärmutterschleimhaut eine singifikante Verringerung bestimmter Eiweiße, die an Entzündungsreaktionen beteiligt sind. Bei Frauen mit Lactobacillus-dominanten Mikrobiomen war dies deutlicher. Im HCQ-Studienarm zeigte sich zwar eine signifikante Abnahme der systemischen T-Zellen, jedoch nicht im Vaginaltrakt.

Die Daten zeigen, dass die tägliche Einnahme von niedrig dosiertem ASS eine signifikante Abnahme der HIV-Zielzellen im weiblichen Genitaltrakt verursacht. Die Ergebnisse liefern einen neuen Ansatz zur HIV-Prävention.

„Weitere Studien sind nötig, um die Ergebnisse zu Aspirin zu bestätigen und zu überprüfen, ob die Reduktion der Zielzellen tatsächlich HIV-Infektionen verhindert“, wird Studienautor Keith R. Fowke zitiert. Würden sich die Ergebnisse bestätigen, könnte die tägliche Einnahme niedrig dosierter ASS eine kostengünstige und weltweit leicht zugängliche Möglichkeit der HIV-Prävention sein. „Wir brauchen Präventionsansätze, die bezahlbar und sofort verfügbar sind“, so Fowke.

Die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) kann HIV-Infektionen verhindern. Zugelassen ist die Fixkombination Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (TDF). Doch ist das Arzneimittel nicht für alle erschwinglich, denn von den Kassen wird die PrEP hierzulande nicht übernommen. Das Arzneimittel wird im Rahmen der PrEP einmal täglich eingenommen. Indiziert ist das Präparat in Kombination mit Safer-Sex bei Erwachsenen einem hohen HIV-Risiko, um die Gefahr einer Virusinfektion zu minimieren. Seit Oktober 2016 ist die PrEP für Selbstzahler zugelassen. 2015 belegten die Studien Ipergay und Proud bei schwulen Männern eine Senkung des HIV-Übertragungsrisikos von etwa 86 Prozent.