Arzneimittelzulassung

BfArM sticht Irreführung

, Uhr
Berlin -

Der Hersteller Hexal darf sein Alprostadil-Präparat mit dem Namenszusatz „kardio“ verkaufen, auch wenn es möglicherweise keine therapeutische Wirkung im Bereich der Herzerkrankungen hat. Das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) wies eine Beschwerde des Herstellers Pharmore ab. Die Begründung der Richter: Die zuständige Behörde hat den Zusatz genehmigt.

Alprostadil Hexal kardio 20 Mikrogramm ist seit einem Jahr zur symptomatischen Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) im Stadium III oder IV nach Fontaine zugelassen, wenn der Patient für eine Amputation nicht geeignet ist. Das Arzneimittel wird als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung vertrieben.

Pharmore hatte den Namenszusatz „kardio“ angegriffen und im Januar einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Die Bezeichnung sei nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) irreführend. Denn der Name suggeriere, das Mittel wirke im Bereich von Herzerkrankungen. Tatsächlich sei das Präparat aber bei verschiedenen Herzerkrankungen sogar kontraindiziert. Weil Hexal dem Medikament eine Wirkung beilege, die es nicht habe, verstoße der Hersteller zudem gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), so Pharmore.

Hexal hatte sich mit Verweis auf das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukten (BfArM) verteidigt: Die angegriffene Bezeichnung sei von der Behörde bei der Zulassung genehmigt worden.

Da sah in erster Instanz auch das Landgericht Hamburg so. Im Januar wurde der Antrag von Pharmore abgewiesen. Das OLG wies im April – ohne mündliche Verhandlung – auch die sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung zurück.

Die Zulassung des Präparats durch das BfArM erstrecke sich auf die angegriffene Bezeichnung, „die deshalb der wettbewerbsrechtlichen Prüfung unter den Aspekten des Rechtsbruchs und auch der Irreführung entzogen ist“, heißt es in der jetzt vorliegenden Begründung. Ob der Bezeichnung eine irreführende Bedeutung beizumessen sei, war aus Sicht der Richter daher unerheblich.

Entgegen der Darstellung von Pharmore war die genaue Bezeichnung laut Gericht sehr wohl vom BfArM geprüft worden. Aus den Unterlagen des Zulassungsverfahrens gehe hervor, dass Hexal den Zusatz „kardio“ erst später hinzufügen wollte. Der Hersteller hatte die gewünschte Änderung in einer Vorabanfrage ausdrücklich thematisiert. Die ergänzende Bezeichnung sei vom BfArM so genehmigt worden, so das OLG.

Weil das BfArM noch vor Erlass des Zulassungsbescheids zugestimmt habe, könne keine Rede davon sein, die Behörde habe diesen Aspekt nicht geprüft, so das Gericht. Solange ein Verwaltungsakt – hier die Zulassung – nicht an sich nichtig sei, könne ein darauf fußendes Marktverhalten nicht unlauter sein, heißt es im Beschluss.

Das Eilverfahren ist mit dieser Entscheidung abgeschlossen. Will Pharmore weiter gegen die Bezeichnung vorgehen, muss der Hersteller ein Hauptsacheverfahren anstreben. Ob dies geplant ist, war bislang nicht zu erfahren.

Normalerweise legt das BfArM sehr strenge Maßstäbe an die Bezeichnung vor Arzneimittelnamen an. Während nach mehreren Gerichtsurteilen in Sachen Dachmarken allmählich Klarheit herrscht, werden Hersteller immer wieder überrascht von Entscheidungen der Behörde. So durften vor einiger Zeit BtM-Retardtabletten nicht den Zusatz „einmal täglich“ erhalten, weil befürchtet wurde, dass Apotheker dies als Einnahmehinweis des Arztes interpretieren könnten.

Im Frühjahr 2013 hatte das BfArM zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Leitlinie veröffentlicht, anhand derer alle Neueinführungen geprüft werden sollen. Irreführende und verharmlosende Arzneimittelnamen sollen so künftig verhindert werden.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte