Zum ersten Mal ist Anfang April ein Mikroorganismus im Rahmen der Arzneimittelforschung in den Weltraum geschickt worden. Ein Forscherteam des pharmazeutischen Instituts der University of Southern California (USC) und die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA führen das Experiment gemeinsam durch. Das Ziel: Neue Wirkstoffe zu finden, die sowohl Astronauten als auch Patienten auf der Erde helfen können.
Pilze sind gut bekannte Produzenten von biologisch aktiven Sekundärmetaboliten, die viel Potenzial in der Therapie haben. Die bekanntesten pharmazeutisch verwendeten Sekundärmetabolite sind die Penicilline, die vor über 70 Jahren die Infektionsbehandlung revolutioniert haben. Noch immer wird den Mikroorganismen ein enormes Potenzial bei der Suche nach neuen Arzneistoffen zugeschrieben. Vor allem solche Organismen, die unter besonderen Bedingungen, wie im Salzwasser oder unter extremen Temperaturen, überleben können, sind für Forscher interessant. Die Überlebensstrategien könnten auch für Menschen interessant sein.
Die Pharmazeuten der USC vermuten, dass die Mikroorganismen auch im schwerelosen Umfeld der internationalen Raumstation ISS ihre physiologischen Eigenschaften und damit auch ihren Metabolismus verändern. Die Folge könnten neuartige Sekundärmetabolite sein, die als neue Kandidaten für Arzneimittel gelten. Der Versuchsstamm ist der Pilz Asperguillus nidulands, ein unter Normalbedingungen gut bekannter und charakterisierter Organismus.
„Das hochradiative Umfeld ohne Schwerkraft im All könnte den Pilz dazu anregen, Metabolite zu produzieren, die unter weniger stressvollen Bedingungen der Erde möglicherweise gar nicht entstehen“, erklärt Dr. Clay Wang von der USC. „Wir haben bereits umfangreiche genetische Untersuchungen des Organismus durchgeführt und glauben, dass potenziell 40 verschiedene Metabolite im All gebildet werden könnten.“
A. nidulans ist bekannt für die Produktion von Stoffen, die gegen Osteoporose wirken. Das ist gerade für Astronauten interessant: Der Aufenthalt im All wirkt sich nämlich negativ auf die Knochendichte der Astronauten aus. Die Forscher erhoffen sich aber auch neuartige Metabolite, die zur Entwicklung von Arzneistoffen gegen Krebs oder Alzheimer führen könnten.
Vier Stämme von A. nidulans haben die Reise ins All angetreten. Sie werden die Reise in Behältern mit gleichbleibender Temperatur von 39,2° Fahrenheit (4° Celsius) antreten, in der Raumstation sollen sie unter 98.6° Fahrenheit, umgerechnet 37 ° Celsius, kultiviert werden. Jeweils nach vier und nach sieben Tagen werden die Organismen wieder gekühlt und einen Monat später zum Forscherteam zurückgebracht.
„Dies ist das erste Projekt, in dem pharmazeutische Forschung und Weltall-Forschung zusammengebracht werden“, erklärt Wang. Das sei vor allem für die Zukunft interessant: „Arzneimittel sind nicht unendlich haltbar. Die NASA-Mission zum Mars soll mindestens ein bis drei Jahre dauern. Innerhalb dieser Zeitspanne können nicht alle Medikamente stabil bleiben. Die Möglichkeit, Medikamente auch im All zu produzieren, gibt uns neue Möglichkeiten in der Erforschung des Weltraumes“, so Wang.
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