Der illegale Handel mit gefälschten Arzneien floriert wie nie zuvor: Allein im Vorjahr wurden beispielsweise durch den österreichischen Zoll 832.267 Medikamente, die entweder gefälscht, verschreibungspflichtig, nicht für den EU-Raum zugelassen oder sogar verboten waren, sichergestellt. Das verunsichert auch Verbraucher:innen. Nun soll es jedoch eine Möglichkeit zur Überprüfung geben: Das fälschungssichere Barcodesystem SmartID, das per Smartphone eingesetzt werden kann.
Laut einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist jedes zehnte im Internet erworbene Arzneimittel eine Fälschung. Dabei sind nicht nur verschreibungspflichtige Medikamente betroffen, sondern Produkte aus allen Bereichen: Von Schlankheits- oder Haarwuchsmittel bis hin zu Arzneimitteln gegen Krebs, Schmerzen oder Bluthochdruck. Erst kürzlich sorgte die Fälschung des Insulinanalogon Semaglutid für Aufsehen.
Verbraucher:innen sollen nun die Möglichkeit bekommen, die Echtheit von Medikamenten und Produkten aller Art per Smartphone zu prüfen. Die Fraunhofer-Institute für Angewandte Polymerforschung IAP, für Sichere Informationstechnologie SIT und für Offene Kommunikationssysteme FOKUS haben ein neuartiges Kennzeichnungssystem entwickelt: SmartID. Die Technik nutzt hierfür eine Information über die Textur der Oberfläche eines Produktes.
„Mit SmartID kann jeder in der Lieferkette ein Produkt, das einen SmartID-Code trägt, direkt per Smartphone verifizieren und authentifizieren – offline, also ohne auf eine Datenbank zugreifen zu müssen“, so Dr. Tobias Jochum, Projektkoordinator am Fraunhofer-Zentrum für Angewandte Nanotechnologie CAN in Hamburg. „Wir machen uns dabei die Tatsache zunutze, dass jede Verpackung eine einzigartige, charakteristische Oberflächentextur aufweist – wie bei einem menschlichen Fingerabdruck – und, dass handelsübliche Smartphone-Kameras in der Lage sind, diese Oberflächentextur zu erfassen“, so Jochum.
So wird der fälschungssichere Barcode erstellt: Die Information über die Textur der Oberfläche wird digitalisiert, in einen Barcode umgewandelt und auf die Verpackung gedruckt. Per SmartID-App kann geprüft werden, ob die Informationen, die im Barcode gespeichert sind, mit den Daten aus der erfassten Oberflächenstruktur übereinstimmen. In dem so erstellten Barcode können zudem weitere nformationen zu dem Produkt enthalten sein. Die Hersteller profitieren außerdem vom Verzicht einer Datenbank: Denn es müssen keine IT-Infrastrukturen aufgebaut werden, da die Verifikation und Authentifizierung ausschließlich innerhalb der SmartID-App auf dem Smartphone stattfindet.
„Eine wichtige Anforderung an das SmartID-Konzept ist, dass der Barcode und die Fläche zum Abgleich der Oberflächentexturen möglichst klein sind. Im weiteren Verlauf des Projekts optimieren wir das System daher hinsichtlich seiner benötigten Fläche und auch seiner Sensitivität. Quantenmaterialien übernehmen hierbei eine Schlüsselrolle. Sie machen es möglich, dass auf kleinerer Fläche deutlich mehr Merkmale der Oberflächentextur detektiert werden können“, so Jochum. Aktuell stecke man noch in der Projektentwicklungsphase: „Dennoch führen wir bereits erste Lizenzverhandlungen für die SmartID-Technologie“, so der Experte.
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