Glückshormon als Entzündungsmediator Yvette Meißner, 15.06.2016 11:58 Uhr
Dopamin gilt als Glückshormon, der Neurotransmitter steuert Antrieb und Appetit. Wissenschaftler der Universität Gießen zeigen jedoch die Schattenseiten des Botenstoffes auf: Sie wiesen Dopamin in Bindegewebszellen entzündeter Gelenke und seinen direkten Einfluss auf den Verlauf der Entzündung bei rheumatoider Arthritis nach. In einer aktuellen Arbeit bestätigen sie ihre These, dass Dopamin eine Rolle bei der Entwicklung der chronischen Erkrankung spielt. Sie zeigten, dass das Katecholamin auch in Knochenzellen gebildet wird und dort proinflammatorische Effekte hat.
Dr. Silvia Capellino stellte ihre Untersuchungen auf dem europäischen Kongress der Rheumatologen in London vor: Für die Studie analysierte sie Knochengewebe, von Patienten, denen ein künstliches Kniegelenk eingesetzt wurde. Insgesamt standen den Forschern zehn Proben zur Verfügung, vier von Patienten mit rheumatoider Arthritis und sechs von Osteoarthritis-Patienten. Das Gewebe behandelten sie mit markierten Antikörpern gegen die fünf Subtypen des Dopaminrezeptors. Ihren Ergebnissen zufolge werden die Rezeptoren D1, D3 und D4 zwar bei rheumatoider Arthritis exprimiert, nicht aber in Osteoarthritis.
Eine weitere Untersuchung sollte den Einfluss von Dopamin auf knochenaufbauende Osteoblasten zeigen. Dafür wurden die Knochenzellen aus dem entnommenen Gewebe isoliert und schrittweise behandelt: Zuerst wurde mit Antikörpern die Existenz von Dopaminrezeptoren nachgewiesen. Anschließend wurde diese mit speziellen Agonisten angeregt. Die Wissenschaftler bestimmten dann die Konzentration der Interleukine (IL) 6 und 8 in den Zellen.
In den Osteoblasten konnten sie die Rezeptorsubtypen D1, D2, D3 und D5 bei beiden Krankheitsbildern nachweisen – mit stärkerer Expression bei rheumatoider Arthitis. Die Stimulation des D1-Rezeptors bewirkte zudem eine erhöhte und dosisabhängige Freisetzung des IL-6 bei rheumatoider Arthritis. Dagegen wurde die Synthese von IL-8 bei keinem der beiden Krankheitsbilder beeinflusst.
Unbehandelte Osteoblasten untersuchten die Forscher außerdem auf Tyrosinhydroxylase. Das Enzym – normalerweise beteiligt an der Dopaminsynthese – konnte in sieben der zehn Gewebeproben nachgewiesen werden und deutet somit auf eine lokale Produktion in den Knochenzellen hin.
Die Wissenschaftler schreiben Dopamin eine Schlüsselrolle sowohl im Knochenumbau als auch bei Gelenkerosionen zu. Bei rheumatoider Arthritis tragen weitere Substanzen zum Knochenabbau bei. Die durch die chronische Entzündung freigesetzten Zytokine IL-6 und Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF-alpha) beeinflussen den Knochenstoffwechsel und führen zu Knochenschwund.
Die Erkenntnisse der Signalübertragung des Neurotransmitters könnten neue Optionen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis eröffnen, berichtet Capellino. Insbesondere könne Knochen wieder repariert werden. Denn die bisherigen Therapien ermöglichten lediglich eine Erhaltung der Knochenmasse.