ARD: Unterschätzte Gefahr Ciprofloxacin APOTHEKE ADHOC, 03.11.2017 18:34 Uhr
Warnung vor Fluorchinolonen: Das Erste zeigte in dieser Woche einen Beitrag zu Ciprofloxacin. Das Antibiotikum habe das Leben einer 35-jährigen Frau zerstört. Eine Heilung der durch schwere Nebenwirkungen ausgelösten Nervenschäden sei nicht in Sicht, ein normales Leben unmöglich.
Erschöpfung, Schwindel, Schmerzen und Nervenschäden sind die ständigen Begleiter der jungen Frau. Vor eineinhalb Jahren wurde Ciprofloxacin erstmals gegen eine Blasenentzündung und anschließend gegen eine Nasennebenhöhlenentzündung verordnet. Darauf folgte der Zusammenbruch. Der nun behandelnde Arzt zeigt sich beeindruckt, wie viele Symptome der jungen Frau in das Raster der Nebenwirkungen von Ciprofloxacin passen. Dieses Spektrum war dem Mediziner zuvor nicht klar.
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) warnt jedoch seit Längerem vor den Fluorchinolonen. Den Breitbandantibiotika wird ein starkes Nebenwirkungspotential zugesprochen, mitunter sind bleibende Schäden und lebenslange Beeinträchtigungen die Folge. Die Stoffgruppe befindet sich noch in der Prüfung – Empfehlungen werden im nächsten Jahr erwartet, so das Erste.
Dass Fluorchinolone Sehnenschäden in Form von Entzündungen oder Rissen verursachen können, ist bereits seit den 60er-Jahren bekannt und wurde in die Produktinformationen aufgenommen. Die Ruptur der Achillessehne wird dabei als besonders gefährlich angesehen und tritt mit erhöhtem Risiko bei älteren Personen ab dem 60. Lebensjahr auf. Die unerwünschte Arzneimittelwirkung kann bereits wenige Stunden nach der Einnahme auftreten oder bis zu vier Wochen nach Therapieende. In Deutschland sind Ciprofloxacin, Norfloxacin, Enoxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin zugelassen.
Wolfgang Becker-Brüser vom Arzneitelegramm gab im Beitrag an, man warne Ärzte bereits seit etwa 30 Jahren vor den Gefahren. Für Becker-Brüser ist klar: Inzwischen müsste jeder Arzt davon wissen, denn es wurde bereits mehrmals gewarnt. Dennoch die Verordnungszahlen lassen das Gegenteil erahnen. Die als Reservemittel eingestufte Stoffgruppe ist die am vierthäufigsten verordnete unter den Antibiotika. Bei Patienten mit Sinusitis, Otitis, Bronchitis und unkomplizierten Harnwegsinfektionen sollen Fluorchinolone nur als letztes Mittel verwendet werden, wenn alle anderen Antibiotika versagten.
Die US-Arzneimittelagentur (FDA) machte die von den Fluorchinolonen ausgehende Gefahr deutlicher. In einem Black-Box-Warning sind die möglichen Gefahren fettgedruckt in der Produktinformation klar zu erkennen. Außerdem warnte eine öffentliche Kampagne vor den Gefahren der Antiobiotika.
Fluorchinolone besitzen eine bakterizide Wirkung. Die Gyrasehemmer verhindern die DNA-Replikation grampositiver und gramnegativer Keime durch Hemmung verschiedener Topoisomerasen. Die Enzyme spielen bei der Replikation, Transkription, Rekombination und Reparatur der DNA eine entscheidende Rolle.
Dosiert wird nach Art und Schwere der Erkrankung. Florchinolone können unabhängig von den Mahlzeiten geschluckt werden, jedoch nicht zusammen mit eisen-, zink-, magnesium- oder calciumhaltigen Präparaten, da sonst eine verminderte Wirkstoffaufnahme durch die Bildung von schwer resorbierbaren Komplexen möglich ist. Betroffene sollten einen Abstand von etwa zwei Stunden einhalten – auch zu Antazida.