Eine Apothekerin von der Universität des Saarlandes hat zusammen mit Forschern der Universität Magdeburg ein Protein entdeckt, das mit dem Tumorwachstum in der Gallenblase in Verbindung steht und als Marker dienen könnte. Den neuen Therapieansatz stellen die Wissenschaftler im Fachjournal „Oncotarget“ vor.
Gallenblasentumore werden meist spät erkannt, da die Symptome erst spät auftreten und die Krankheit dann schon weit vorangeschritten ist. Dr. Sonja Keßler aus der Arbeitsgruppe von Professorin Dr. Alexandra Kiemer hat in Kooperation mit Pathologen der Universität Magdeburg das Protein IMP2 identifiziert, das als prognostischer Marker dient. Derartige Stoffe deuten in Blut- oder Gewebeproben darauf hin, dass ein bösartiger Krebs voraussichtlich schlecht verlaufen wird. „Bei diesem Tumor gab es bislang sehr wenige prognostische Marker“, sagt Keßler.
Das Protein kann zu einer verbesserten Therapie der Krankheit führen, da es eine frühere Diagnosestellung ermöglicht. Zudem gibt IMP2 Rückschlüsse, wie die Krebserkrankung verlaufen wird. Wissenschaftler können nun gezielt Methoden erforschen, die die negativen Effekte des Proteins hemmen oder ganz verhindern. Das Studienergebnis kann daher Grundlage für die Entwicklung neuer Arzneimittel sein, die individuell auf den Patienten zugeschnitten werden.
Keßler legte den Fokus während ihrer wissenschaftlichen Untersuchung auf drei Proteine, die nur beim Embryo im Mutterleib eine Rolle spielen: IMP1, IMP2 und IMP3. Sie haben unter anderem die Aufgabe, das Wachstum des ungeborenen Kindes zu fördern. „Nach der Geburt werden diese Proteine gleichsam abgeschaltet, sie werden nicht mehr vom Bauplan abgeschrieben“, erklärt die Pharmazeutin, die derzeit bei Kiemer habilitiert. Diese Proteine sind aber nicht für immer ausgeschaltet, denn sie können im Laufe des Lebens wieder aktiviert werden und schädlich wirken. Insbesondere sticht in diesem Zusammenhang IMP2 hervor: „Dieses Protein fördert die Zellteilung und die Vervielfältigung von Zellen und trägt so zum Wachstum von Tumoren bei“, erläutert die Apothekerin.
Ziel der Studie war es, die Rolle von IMP2 im humanen Gallenblasenkarzinom zu eruieren. Bei ihrer Forschung arbeitete Keßler mit dem Magdeburger Pathologen Professor Dr. Johannes Haybäck zusammen. Dieser verfügt über die weltweit größe Sammlung an Gewebeproben von Patienten mit Gallenblasenkrebs. Insgesamt hat sie 483 Proben immunohistochemisch untersucht, davon waren 341 weiblichen und 141 männlichen Patienten zuzuordnen. Bei einer Probe war das Geschlecht unbekannt. Die Forscherin hat die IMP-Proteine in den Gewebeproben mit Hilfe von markierten Antikörpern sichtbar gemacht und danach analysiert.
Die Gewebebank ermöglichte es Keßler, das am Gallenblasenkrebs involvierte Protein zu identifizieren: „Wir konnten die Proteine in zahlreichen Gewebeproben von Gallenblasenkrebs-Patienten nachweisen. Außerdem konnten wir zeigen, dass der Tumor schneller wächst, wenn die Zellen viel an Protein IMP2 enthalten. Auch die Prognose für den Patienten fällt in diesem Fall schlechter aus“, sagt die Wissenschaftlerin.
Anzeichen eines Gallenblasenkrebses ist unter anderem ein Rückstau der Galle in die Leber mit begleitender mangelnder Bilirubinausscheidung. Zu den Risikofaktoren dieser Krebsart gehören chronische Entzündung, Gallensteine, weibliches Geschlecht sowie hohes Alter. Bösartige Tumoren der Gallenblase sind bei Frauen häufiger als bei Männern, Tumore der Gallenwege treten hingegen bei Männern häufiger auf. Bundesweit erkranken jährlich etwa 2.300 Männer und 3000 Frauen daran.
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