Vorhofflimmern

Antikoagulantien senken Demenzrisiko APOTHEKE ADHOC, 21.12.2017 12:30 Uhr

Berlin - 

Der Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und dem kognitiven Leistungsabfall ist bekannt. Unklar war bislang, ob die Behandlung mit oralen Antikoagulantien das Risiko für eine Demenz mindern kann. Wissenschaftler aus Stockholm haben den Zusammenhang untersucht und ihre Ergebnisse im „European Heart Journal“ veröffentlicht.

Die retrospektive Registerstudie umfasste 444.106 Patienten und somit mehr als 1,5 Millionen Patientenjahre. Die Teilnehmer hatten zwischen 2006 und 2014 die Diagnose Vorhofflimmern erhalten, waren jedoch nicht an Demenz erkrankt. Die Wissenschaftler der Abteilung für klinische Wissenschaften vom Karolinska Institut an der Universitätsklinik Danderyd in Stockholm werteten die Patientendaten aus zwei schwedischen Registern aus. Im Beobachtungszeitraum wurde bei etwa 26.000 Patienten eine Demenz diagnostiziert.

Insgesamt 43 Prozent und somit ein Großteil der Patienten war auf einen Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon eingestellt. Lediglich etwa 3 Prozent wurden mit einem Arzneimittel aus der Gruppe der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) wie Rivaroxaban, Edoxaban, Apixaban oder Dabigatran behandelt. Mehr als 50 Prozent wurden trotz Diagnose Vorhofflimmern nicht mit einem Antikoagulans behandelt.

Im Ergebnis wurde zu Beginn der Antikoagulantien-Therapie eine Reduktion des Demenzrisikos um 29 Prozent verzeichnet – im Vergleich zu Patienten mit Vorhofflimmern, die nicht mit entsprechenden Arzneimitteln behandelt wurden. Bei kontinuierlicher Einnahme über einen längeren Zeitraum konnten die schwedischen Wissenschaftler eine Minderung des Risikos um 48 Prozent verzeichnen. Dabei war es unerheblich, ob die Patienten mit einem Vitamin-K-Antagonisten oder einem NOAK behandelt wurden. Entscheidend scheint jedoch der Beginn der Therapie. Eine frühe und konsequente Therapie kann für eine Risikoreduktion wichtig sein.

Vorhofflimmern zählt zu den häufigsten Herzrhythmusstörungen. In Deutschland sind etwa 1,8 Millionen Menschen betroffen. Die Betroffenen haben ein erhöhtes Risiko, eine Demenz zu entwickeln. Denn in Folge des Vorhofflimmerns können kleinste embolische Hirnläsionen die kognitive Leistungsfähigkeit mindern. NOAK und Vitamin-K-Antagonisten können nicht nur das Schlaganfallrisiko senken, sondern womöglich auch vor den winzig kleinen Schäden im Gehirn und damit auch vor Demenz schützen. Schließlich verhindern die Arzneimittel die Bildung von Blutgerinnseln, die zu einem Schlaganfall führen könnten.

Phenprocoumon wird zur Stoffgruppe der 4-Hydroxycumarine gezählt. Der Vitamin-K-Antagonist vermindert die Vitamin-K-vermittelte Aktivierung der Gerinnungsfaktoren. Die Wirkung setzt nicht sofort ein, sondern erst wenn alle noch im Körper vorhandenen Gerinnungsfaktoren verbraucht sind. Entdeckt wurde die Cumarin-Wirkung an Kühen, die an Blutungen verstarben, nachdem sie große Mengen an Steinklee gefressen hatten.

Rivaroxaban ist ein hoch selektiver, direkter Inhibitor von Faktor Xa. Die Hemmung unterbricht den intrinsischen und extrinsischen Weg der Blutgerinnungskaskade. Die Bildung von Thrombin und Thrombenbildung werden gehemmt. Auf die Thrombozyten nimmt der Arzneistoff keinen Einfluss.