Ab sofort kann Fycompa (Perampanel) nur noch als Einzelimport aus dem Ausland bezogen werden. Der Hersteller Eisai hatte das Präparat über ein spezielles Lieferprogramm bislang kostenfrei abgegeben. Die Apotheken konnten – nach Ausfüllen vieler Formulare – ihre Sendung aus der Schweiz erhalten. Diese Übergangslösung wurde zum 1. April eingestellt. Für jeden Import muss damit vorab eine Genehmigung der Krankenkasse eingeholt werden.
Seit der Einführung des Medikaments im September 2012 wurden nach Angaben des Herstellers mehr als 5000 Patienten in Deutschland mit dem Wirkstoff Perampanel behandelt. Die Krankenkassen können nach der Einstellung des Programms im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten für den Import aus einem anderen EU-Land übernehmen. Das erfordert jedoch Hartnäckigkeit und Widerspruchswillen. „Für die Patienten ist das definitiv umständlicher“, sagt Susanne Fey, Vorsitzende des Epilepsie Bundes-Elternverbands (e.b.e).
Beim Verband haben sich schon einige Betroffene gemeldet, bei denen die Kassen die Kostenübernahme abgelehnt haben. Die Begründungen seien teilweise leicht zu widerlegen. Sie reichten von „nicht zugelassen“ bis hin zu der Aussage, dass es sich bei Epilepsie um keine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität beeinträchtigende Erkrankung handele. Einer älteren Patientin habe eine Krankenkasse mitgeteilt, sie müsse dann andere Medikamente ausprobieren, berichtet Fey. Ein Lichtblick sei die Initiative einer Krankenkasse aus Baden-Württemberg gewesen, die Patienten angeschrieben und ihnen geraten habe, das Schreiben in der Apotheke vorzulegen. Darin hatten die Krankenkassen gesagt, dass sie die Kosten übernehmen.
In der Vergangenheit hatten Patienten und Ärzte die negative Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) kritisiert. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen beurteilen wir die Chancen als sehr gering, dass für neue Antikonvulsiva ein Zusatznutzennachweis erbracht werden kann“, erklärt der Hersteller. Das Problem sei, dass sich in einer direkten Vergleichsstudie der individuelle Zusatznutzen für Patienten nicht abbilden lasse; die Krankheitsverläufe seien zu unterschiedlich.
Im März 2013 hatte der G-BA einen fehlenden Zusatznutzen festgestellt. Eisai hatte sich bei den Studien nur eingeschränkt an die Vorgaben zur zweckmäßigen Vergleichstherapie gehalten. Ein zweiter Anlauf bei der Nutzenbewertung scheiterte 2014. Der Hersteller beklagt, dass der G-BA den Zusatznutzen nur aus methodischen Gründen nicht anerkannt habe. Der klinische Patientennutzen sei nicht angemessen bewertet worden.
Ohne Zusatznutzen hätte Eisai das Mittel nach eigenen Angaben zu Dumping-Preisen verkaufen müssen. Der Konzern nahm das Präparat daher im Juni 2013 vom deutschen Markt und legte stattdessen ein spezielles Importprogramm auf. Apotheken mussten bei der Firma Clinigen bestellen; die Firma lieferte das Medikament zum Nulltarif aus. Die Apotheken konnten bei der Krankenkasse den normalen Fixzuschlag abrechnen. Das Procedere war allerdings sehr zeitaufwändig; außerdem musste die Apotheke die Einfuhrumsatzsteuer zahlen, die allerdings als Vorsteuerabzug verrechnet werden konnte.
Vermutlich war dem japanischen Hersteller die Gratisversorgung der Patienten jetzt schlichtweg zu teuer geworden. Ab sofort muss jede Apotheke das Medikament einzeln importieren und vorab für jeden Import eine Genehmigung bei der Krankenkasse einholen.
Seit Inkrafttreten des AMNOG im Jahr 2011 ist die Vermarktung von neuen Arzneimitteln deutlich schwieriger geworden. Zum Beispiel für Janssen-Cilag: Das Antidiabetikum Invokana (Canagliflozin) sollte der neue Blockbuster werden, aber der G-BA sah keinen Zusatznutzen im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie, den Sulfonylharnstoffen. Auch die Kombination mit Metformin (Vokanamet) fiel durch. Für die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband standen die Vorzeichen damit schlecht: Beide Präparate traten gar nicht erst in Deutschland an.
Boehringer Ingelheim und Eli Lilly hatten zunächst intensiv mit dem G-BA um die zweckmäßige Vergleichstherapie bei der Bewertung von Trajenta (Linagliptin) gestritten. Als die Preisverhandlungen scheiterten, wurde Trajenta endgültig für den deutschen Markt gestrichen.
Wie Boehringer erging es auch Novartis mit Galvus. Vildagliptin trat mit Studiendaten für fünf verschiedene Patientengruppen an. Keine Subgruppe konnte der Bewertung von IQWiG und G-BA standhalten. Die Kombination mit Metformin ergab ebenfalls keinen Zusatznutzen; Novartis nahm beide Produkte aus dem Handel.
Für Tresiba (Insulin degludec) kam im August 2015 das endgültige Aus. Dreimal hatte Novo Nordisk das Präparat in die Nutzenbewertung geschickt, um zumindest für Teilpopulationen einen Zusatznutzen nachweisen zu können. Wegen formaler Mängel wurde dem Wunsch nicht entsprochen: Der dänische Konzern hatte Wirksamkeitsstudien teilweise zurückgehalten oder geschwärzt.
Nur wenige Hersteller schaffen es, den G-BA vom Nutzen ihren Neueinführungen zu überzeugen. So auch Novartis mit Rasilamlo (Aliskiren/Amlodipin), Bausch & Lomb mit Yellox (Bromfenac) und Almirall mit Constella (Linaclotid). Ähnlich erging es Sanofi mit Lyxumia (Lixisentanid), Aegerion mit Lojuxta (Lomitapid), Takeda mit Latuda (Lurasidon) und Pfizer mitXiapex (Collagenase).
Auch Astellas schaffte mit Betmiga (Mirabegron) die Hürde der Nutzenbewertung nicht, GlaxoSmithKline (GSK) scheiterte mit Trobalt (Retigabin). Das einzige Onkologikum auf der Liste der zurückgenommenen Arzneimittel ist Provenge (Sipuleucel-T). Das Präparat des britischen Herstellers Dendreon sollte zur Behandlung des Prostatakarzinoms eingesetzt werden. Sipuleucel-T enthält autologe, mononukleare Zellen des peripheren Bluts, die mit PAP-GM-CSF aktiviert sind.
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