Epilepsie-Patienten benötigen in der Regel eine Langzeittherapie, um die Anfälle besser kontrollieren oder sogar gänzlich verhindern zu können. Oft besitzen die Wirkstoffe jedoch massive Nebenwirkungen, die die Compliance beeinflussen und sogar zu Therapieabbrüchen führen können. Neuere Wirkstoffe gelten häufig als besser verträglich – eine Studie hat sich nun mit der Thematik beschäftigt.
Damit eine Therapie konsequent durchgezogen wird, ist die Verträglichkeit des Präparates besonders wichtig. Anderenfalls kann die Compliance erheblich beeinträchtigt werden: Die Medikation wird nur unregelmäßig eingenommen oder auf eigene Faust gänzlich abgesetzt – dadurch wird der Therapieerfolg gefährdet. Viele Antiepileptika besitzen gravierende Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen, weshalb die Therapie schwierig sein kann.
Grund für die zahlreichen Wechselwirkungen ist oft die Enzyminduktion: Vor allem Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital interagieren mit oralen Kontrazeptiva oder Immunsuppressiva. Daher werden mittlerweile meist neuere Wirkstoffe bevorzugt, welche ein geringeres Interaktionspotenzial und weniger Nebenwirkungen aufweisen, beispielsweise Gabapentin, Levetiracetam oder Topiramat. Doch auch die neueren Substanzen können in Abhängigkeit von der Dosis zu zentralnervösen Beschwerden wie Schwindel, Benommenheit oder Schläfrigkeit führen.
Forscher beschäftigten sich daher nun mit der Frage, ob es bei neueren Wirkstoffen tatsächlich seltener zu Therapieabbrüchen kommt: Mithilfe von Daten einer Kohortenstudie des Glasgower Epilepsiezentrums – der sogenannten „Glasgow-Kohorte“ – wurde geprüft, ob sich die Verträglichkeit nach der Einführung von zahlreichen neueren Antiepileptika verbessert hat.
In die Studie wurden Patienten mit einer neu diagnostizierten Epilepsie und folgender medikamentöser Therapie zwischen Juli 1982 und Oktober 2012 eingeschlossen. Der Nachbeobachtungszeitraum dauerte bis April 2016 beziehungsweise bis zum Tod der Teilnehmer. Ausgeschlossen wurden Patienten mit einer schlechten Compliance, schwerem Alkohol- und Drogenkonsum sowie Verdacht auf Anfälle mit nichtepileptogener Genese. Im Zuge der Studie wurden die Teilnehmer in Abständen von zwei bis sechs Wochen untersucht. Dabei wurden unerwünschte Arzneimittelwirkungen und die Gründe für Therapieabbrüche erfasst.
Insgesamt nahmen knapp 1800 Patienten teil: 54 Prozent waren männlich, das Durchschnittsalter lag bei 33 Jahren. Während der Studiendauer wurden 3241 Antiepileptika verordnet – 15,6 Prozent wurden jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Therapiebeginns aufgrund von Nebenwirkungen abgesetzt. Bei Erwachsenen wurde die Therapie insgesamt häufiger abgebrochen als bei Kindern und Jugendlichen. Frauen und Patienten, die schon mehr als fünf Anfälle vor Therapiebeginn hatten, zeigten ein höheres Risiko für Nebenwirkungen. Außerdem erhöhte sich mit jedem Medikamentenwechsel das Risiko von nicht tolerierbaren Nebenwirkungen. Patienten, die mehrere Wirkstoffe einnahmen, litten ebenfalls häufiger an schweren Nebenwirkungen.
Am häufigsten gaben die Teilnehmer Nebenwirkungen des zentralen Nervensystems als Abbruchgrund an – in 35 Prozent der Fälle waren Schwindel, Somnolenz & Co. der Auslöser. Außerdem führten einige psychische Gründe, Hautirritationen und Magen-Darm-Probleme an – diese waren jedoch seltener. Am häufigsten wurden Therapien mit Oxcarbamazepin und Topiramat abgebrochen, am seltensten Therapien unter Lamotrigin.
Während der Studiendauer nahm der Verordnung von neueren Antiepileptika stetig zu: Zu Beginn waren es nur 22,3 Prozent, zum Ende bereits knapp 70 Prozent. Es konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede bei der Anzahl der Therapieabbrüche in Bezug auf neuere oder ältere Wirkstoffe festgestellt werden: Obwohl die Verordnungen neuer Wirkstoffe zunahmen, wurden die Abbrüche nicht weniger.
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